Melodram in Belgrad: Schießen oder sterben

Ein Kind ist krank. Ein Vater soll einen Auftragsmord begehen. Eine schöne Reiche bezirzt ihn. "Klopka - Die Falle" ist ein Film über Auswüchse des jungen Kapitalsimus.

Wird er zum Opfer seiner erlernten Unterwürfigkeit? Vater Mladen. Bild: progress verleih

Scharfe Geschütze werden aufgefahren, um die Handlung von "Klopka - Die Falle" in Gang zu bringen: Ein Kind erkrankt, die einzig lebensrettende Operation ist nur im Ausland möglich und kostet 30.000 Dollar. Für die Eltern eine unerschwingliche Summe, obwohl sie sich zur Belgrader Mittelschicht rechnen. In ihrer Not gibt die Mutter eine Anzeige auf, in der sie um Spenden bittet. Ihr Mann erhält daraufhin ein Angebot: Er soll für diese Summe jemanden töten. Das Angebot kommt von einem selbstsicher auftretenden Geschäftsmann, der ihm versichert, dass es sich bei seinem potenziellen Opfer um keinen guten Menschen handelt.

Das Erzwungene dieser Ausgangssituation - sterbendes Kind, Auslandsoperation, Auftragsmord - lastet bleischwer auf dem Film. Zugleich ist die Vorstellung, dass in ehemals sozialistischen Ländern ein Menschenleben nicht viel wert ist, dass die Krankenversorgung mangelhaft ausfällt und skrupellose Verbrecher ihren Willen den verbliebenen anständigen Menschen aufzwingen, längst zum Klischee erstarrt. So ist es auch nicht die Verwandlung eines biederen Ehemanns und treusorgenden Vaters in einen Auftragskiller, die "Klopka" seine Spannung verleiht, es sind die genau beobachteten Momente drumherum.

Die alltägliche Härte der Verhältnisse, das groteske Gefälle von Arm und Reich im noch sehr jungen Kapitalismus Serbiens inszeniert Regisseur Srdjan Golubovic gleichsam nebenbei und doch sehr eindrücklich. Die Beklemmung angesichts einer Szene, in der ein Kind in einem Mittelklassewagen seine Eltern anbettelt, endlich ein Handy besitzen zu dürfen, während ein anderes mit aufgezwungener Scheibenreinigung versucht, an ein bisschen Geld zu kommen, ist ungleich größer als die über das moralische Dilemma des Vaters, der seinen Sohn retten will.

So sind die Figuren des Films paradoxerweise glaubwürdiger als der ihnen aufgezwungene Plot. Da gibt es den Anflug von Unglück zwischen den Eheleuten, bereits lange bevor der Druck der Verhältnisse ihre Beziehung verzerrt. Und es gibt die stille Sehnsucht, die eine Begegnung mit einer schönen Frau auf dem Spielplatz bei Mladen, dem Ehemann, auslöst. Die Frau, gespielt von Anica Dobra, ist mit einem reichen Geschäftsmann verheiratet. Mit der Sympathie füreinander stehen deshalb auch vom ersten Moment an Neid und Befremden zwischen ihnen. Und das seltsame Empfinden, dass sie noch gestern auf völlig gleicher sozialer Ebene gestanden hätten, während sie heute durch den Einzug des Kapitalismus auf einmal Welten trennen. Leider sieht es der erzwungene Plot vor, dass die schöne reiche Frau mit dem Auftragsmord in Verbindung steht, so dass die eigentlich viel spannenderen Aspekte ihrer Beziehung nicht verfolgt werden.

Ähnliches gilt für Mladens Verhältnis zu dem selbstsicheren Geschäftsmann, der ihn zum Mord überreden will. Auf raffinierte Weise spielt er mit Mladens erlernter Unterwürfigkeit und seiner mangelnden Zivilcourage - und bringt ihn so unbeabsichtigt zu einigen bitteren Selbsterkenntnissen. Die der Film dann leider unter der Melodramatik seiner Handlung begräbt.

"Klopka - Die Falle". Regie: Srdan Golubovic. Mit Natasa Ninovic, Miki Manojlovic u. a. Serbien/Deutschland/Ungarn 2006, 105 Min.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.