Online-Werbung: Ich? Ein Glückspilz?

Mit angeblichen Sofortgewinnen locken Firmen Internetnutzer auf ihre Seiten - wo es nichts zu gewinnen gibt. Was aber haben Firmen von "Pop-up"-Werbung?

Eine Seite, viele Optionen: Nicht nur von web.de aus locken Firmen über Pop-ups mit Sofort-Gewinnen Bild: screenshot

E-Mail-Check auf web.de: Mailadresse tippen, dazu das Passwort und - ups!, ein Fenster öffnet sich. "Herzlichen Glückwunsch!" heißt es da neben einem roten Achtung-Schild, das viermal in der Sekunde blinkt. Darunter heißt es: "Du bist als Sofort-Gewinner ausgewählt!" Ich? Ein Glückspilz? Keine Verwechslung? Kein Haken? Oder doch: Irgendetwas an dem Fenster stimmt nicht. Ein Klick auf das Kreuz rechts oben schließt es nicht, sondern öffnet eine neue Seite: planet49.com. Der "Sofortgewinner" - also ich - soll seine "Lieblingsfarbe auswählen" und sich einen "Audi A3 sichern!". Aber gerne. "Delfingrau" hört sich gut an. Nun braucht es nur noch die Gewinndaten. Vorname, Nachname, E-Mail-Adresse, "JETZT TEILNEHMEN", Return.

Moment, wie war das: Teilnehmen? Bin ich vom Sofortgewinner zum Sofortteilnehmer geworden? War Delfingrau zu wählerisch? Mal sehen. Die E-Mail mit Betreff "Ihre Registrierung" ist auch schon da. "Herzlichen Glückwunsch, Sie haben soeben am Sofort-Gewinnspiel von Planet49 teilgenommen. Planet49, das ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Sulzbach (Taunus), deren Marketingleiter Marko Reinbacher keine Pressefragen beantwortet.

Aber was ist denn nun mit dem delfingrauen Audi? "Die Verlosung der zwei Audi A3 findet am 31. Dezember 2007 statt", heißt es auf der Internetseite. Das ist in fünf Monaten. Und wo ist der Sofortgewinn? Ach, da stehts: "Ihren Sofort-Gewinn können Sie nun ab sofort auf planet49.com einlösen." Nachdem die Registrierung abgeschlossen und die allgemeinen Geschäftsbedingungen akzeptiert sind. Die AGB beinhalten 2.032 Wörter auf vier DIN-A4-Seiten. "Es besteht kein einklagbarer Anspruch auf die Auszahlung der Gewinne", sichert sich Planet49 darin ab. Schade, aber beim Mitmachen ist ja noch nichts verloren. Bevor ich "die einmalige Chance auf täglich eine Million Euro" nutze, gibt es auf der Internetseite aber noch ein paar mehr "exklusive Angebote", wie es dort heißt. Ich kann Produkte wie ein Notebook, eine Videokamera und ein Bügeleisen testen und die Sachen danach behalten. Oder ich werde kostenlos Mitglied im RTL-Club, oder ich gewinne ein Ferienhaus im Wert von 100.000 Euro. Eine Seite und gleich so viele Angebote.

Was Werbung angeht, arbeiten die Firmen zusammen. Auf diesem Weg profitieren auch jene Anbieter der "Hurra, Sie haben gewonnen"-Seiten. "Sie verkaufen die Adressen an Dritte", erklärt Ute Klaus, Pressesprecherin der Verbraucherzentrale Hessen. Dieser Adresshandel sei für die werbenden Firmen durchaus lukrativ, denn es gebe sicher einige Kunden, die bei der Benachrichtigung über das ein oder andere Angebot schwach werden. Und legal ist der Adresshandel auch, vorausgesetzt, der Inhaber der begehrten Ware "Adresse" erklärt sich aktiv mit der Weitergabe seiner Daten einverstanden, so Günther Sreball von der Datenschutzaufsichtsbehörde Hessen. "Aktiv" bedeutet: Der Gewinnspielteilnehmer muss eine solche Erklärung markieren. Ist das Kreuz als Einverständniserklärung bereits gesetzt, verstößt dies gegen das Bundesdatenschutzgesetz beziehungsweise das Telemediengesetz.

Das Planet49-Team weiß das offensichtlich. "Bitte informieren Sie mich im Falle eines Gewinnes umgehend per E-Mail oder Telefon oder Post und senden Sie mir auf diesem Weg auch interessante Angebote vom Gewinnspiel-Veranstalter, seinen Partnern und Sponsoren." Wer dies nicht anklickt, erfährt auch nichts von seinem Gewinn. Und das wäre bei einer Million Euro doch wirklich schade. Deshalb mache ich das Kreuz und wähle sechs Glückszahlen aus 49 plus Megazahl, gehe auf den Glückssponsor und nehme so an der nächsten Ziehung teil.

"Leider haben Sie dieses Mal nicht gewonnen", antwortet mir Planet49 einen Tag später. Ach. Aber die nächste exklusive Chance kommt bestimmt. Spätestens beim nächsten E-Mail-Check: "Achtung: Sie bekommen ein Geschenk!", schreibt letter@minibild.de. "14 kostenlose Übernachtungen für 2 Personen in einem ausgesuchten europäischen Hotel!" Und Gewinneronline.de teilt mir mit: "Unglaublich, aber wahr! Hier gibts einen tollen neuen Fiat Grande Punto zu gewinnen!". Das TeleBid-Team verspricht mir 15 Freigebote bei seinen Versteigerungen und die Chance, einen Nintendo Wii zu gewinnen. Denn "wir möchten Ihr Glück unterstützen!". Meine Glückssträhne reißt nicht ab. Hey, web.de, schick mir doch mal bitte eine kostenlose Club-Mitgliedschaft, damit ich mehr Speicherplatz für all die Gewinnmails hab. Danke.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.