Energiesparen: "Viele Räume sind überheizt"

Die Möglichkeiten zum Energiesparen sind riesig, doch haben Industrie und private Verbraucher oft weder Kompetenz noch Geld, sie zu nutzen.

taz: Herr Gege, diese Woche trifft sich ja das Bundeskabinett in Meseberg, um sich auf Klima-Maßnahmen zu einigen. Was ist aus Ihrer Sicht die wichtigste Entscheidung, die die Politik treffen sollte?

Maximilian Gege: Ich wünsche mir möglichst konkrete Beschlüsse. Unser Arbeitskreis für umweltbewusstes Management, der B.A.U.M. e. V., hat der Kanzlerin Vorschläge gemacht. Dazu gehört eine Offensive, um gerade dem Mittelstand die enormen Chancen von Energie- und Ressourcensparen näherzubringen. Egal ob bei Druckluft, Beleuchtung, Motoren oder Abwärmenutzung: Eine Umfrage von B.A.U.M. und der Kreditanstalt für Wiederaufbau hat ergeben, dass die Potenziale noch zu wenig genutzt werden.

Gibt es in Unternehmen keine Controller, die zumindest ökonomisch sinnvolle Maßnahmen durchsetzen?

Das ist leider ein Irrtum - gerade bei vielen Mittelständlern kümmert sich der Chef selbst um solche Fragen. Und da kommt es dann oft nicht zur praktischen Umsetzung.

Woran liegt das?

Entweder wissen die Unternehmen nicht Bescheid, oder sie haben nicht das nötige Geld. Darum schlagen wir vor, einen Zukunftsfonds aufzulegen und mit 50 Milliarden Euro Effizienz zu fördern und Gebäudesanierung zur Pflicht zu machen. Das Geld kann als Darlehen zur Verfügung gestellt werden, das komplett über die späteren Einsparungen sehr kurzfristig refinanziert wird. Viele Maßnahmen rechnen sich schon nach wenigen Jahren.

Unter dem Motto "Klima retten und Geld sparen" versuchen Sie, auch den Einzelnen zu einem anderen Verhalten zu bewegen. Ist dieser Ansatz erfolgreich?

Ja, es gibt riesige Potenziale: Durch einfache Umstellungen im Haushalt und Mobilitätsverhalten kann etwa eine vierköpfige Familie 8 Tonnen Kohlendioxid im Jahr einsparen - und gleichzeitig 3.000 Euro sparen.

Wo gibt es denn die größten Möglichkeiten?

Ganz ohne Investitionen kann man viel sparen, indem man etwa die Raumtemperatur leicht senkt. In Deutschland sind viele Räume überheizt. Eine Reduzierung um 1 Grad spart aber immerhin schon 6 Prozent der Heizenergie. Das sind für einen Zwei-Personen-Haushalt schon 50 Euro und eine Viertel-Tonne CO2. Wenn man investieren kann, sind Wärmedämmung und der Umstieg auf sparsame Elektrogeräte besonders effektiv.

Obwohl solche Maßnahmen sowohl der Umwelt als auch dem eigenen Geldbeutel nutzen, werden nur wenig Menschen aktiv. Wieso eigentlich?

Es gibt da ein starkes Beharrungsvermögen - selbst bei kleinen Veränderungen wie Energiesparlampen, mit denen sich viel Geld sparen lässt: Da muss man sich nicht nur intellektuell mit auseinandersetzen, sondern auch ganz praktisch: in der Wohnung nachschauen, was für Fassungen und Lichtstärken man braucht, und dann in den Baumarkt gehen. Zu dieser Bequemlichkeit kommt das Gefühl, dass es vielleicht doch nicht so viel bringt.

Aber das ist doch ein berechtigter Einwand: Bringen die kleinen Schritte jedes Einzelnen etwas, wenn gleichzeitig in Politik und Wirtschaft die Weichen völlig falsch gestellt werden - etwa durch den Bau riesiger Braunkohlekraftwerke?

Meine Antwort ist klar: Auf jeden Fall bringt jeder kleine Beitrag etwas. Jedes eingesparte Kilogramm CO2 hilft. Man darf die Dinge nicht gegeneinander ausspielen, sondern muss beides tun: das eigene Verhalten ändern und eine andere Politik fordern. Gegen Kohlekraftwerke kann man übrigens ganz einfach vorgehen: durch den Wechsel zu einem Ökostrom-Anbieter. Nicht jammern, sondern kümmern. Als zusätzlichen Anreiz schlagen wir einen Wettbewerb für besonders aktive Haushalte vor.

Bisweilen scheitert der Wechsel zu umweltfreundlicher Technik aber auch an fehlenden finanziellen Möglichkeiten. Brauchen wir mehr öffentliche Zuschüsse, um Menschen zu ökologischem Handeln zu bewegen?

Es gibt durchaus Länder, die etwa beim Kauf eines energiesparenden Kühlschrankes Zuschüsse geben. Dann läuft das natürlich besser. Allerdings müssen solche Subventionen ja auch irgendwie wieder finanziert werden.

Wenn die Menschen trotz eindeutiger Fakten nicht reagieren: Brauchen wir dann nicht einfach mehr gesetzliche Regelungen?

In der Tat. Das Klimathema ist so brisant, dass der Staat ordnungsrechtlich eingreifen muss, wenn wir nicht in der Lage sind, das freiwillig zu stemmen. Japan hat mit dem so genannten Top-Runner-Modell gezeigt, wie man das machen kann: Geräte, die dem aktuellen Standard zu stark hinterherhinken, werden nicht mehr zugelassen. Vieles kann man dem Markt überlassen, aber nur mit starken Vorgaben.

INTERVIEW: MALTE KREUTZFELDT

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