Bildungspolitik: Beck will mit Ganztagsschulen glänzen

Rheinland-Pfalz hat das bundesweit beste Angebot an ganztägigen Schulen. Ministerpräsident Beck will, dass es noch mehr werden - doch dazu fehlt ihm wohl das Geld.

Nachmittagsunterricht soll es künftig in immer mehr rheinlandpfälzischen Schulen geben. Bild: dpa

MAINZ taz Zum Schuljahresbeginn am kommenden Montag öffnen in Rheinland-Pfalz 40 neue Ganztagsschulen. Knapp 3.000 Anmeldungen von SchülerInnen liegen bereits vor. Das kleine Bundesland im Südwesten verfügt dann über insgesamt 400 Ganztagsschulen der verschiedensten Schularten. Bis zum Ende der Legislaturperiode 2011 sollen es nach dem Willen der SPD-Landesregierung von Ministerpräsident Kurt Beck flächendeckend 600 sein - ein Spitzenwert im Ländervergleich. Jede Kommune hätte dann zumindest eine ganztägige Grundschule. Aktuell besteht das Ganztagsschulnetz in Rheinland-Pfalz bereits aus 178 Grundschulen, 83 Haupt- und 45 Förderschulen, 41 Gymnasien, 21 Realschulen, sieben Gesamtschulen und sechs Dualen Oberstufen. Eine Bilanz, die auch das Bundesbildungsministerium beeindruckt. Rheinland-Pfalz sei das einzige Bundesland, in dem "das größte Schulprojekt aller Zeiten" funktioniere, heißt es in einem internen Bericht des Ministeriums vom April. Mächtig stolz sind denn auch die Sozialdemokraten in Mainz auf ihre "Vorreiterrolle". Die Ganztagsschule garantiere "bessere Bildungschancen für alle Kinder" und diene der "Vereinbarkeit von Familie und Beruf", heißt es im aktuellen SPD-Programm. Und ein Sozialfonds mache möglich, dass in allen Ganztagsschulen alle Kinder am gemeinsamen Mittagessen teilnehmen können.

Gymnasien waren beim Start des Ganztagsschulprogramms 2001 nicht berücksichtigt worden. Doch der Elterndruck sorgte dafür, dass auch immer mehr Oberschulen die Aufnahme in das Programm beantragten. Jetzt will Bildungsministerin Doris Ahnen (SPD) noch einen Schritt weiter gehen und in Ganztagsgymnasien die Einführung achtjähriger gymnasialer Bildungsgänge erproben. Im Schuljahr 2008/2009 soll damit begonnen werden. Das Interesse sei schon jetzt groß, sagte Ahnen kürzlich. 13 Gymnasien hätten bereits Anträge eingereicht, darunter neun staatliche Schulen und vier private. Im November will das Ministerium entscheiden, welche Schulen eine Option für den achtjährigen Bildungsgang erhalten. Ausschlaggebend sei die Qualität der vorgelegten Konzepte sowie die Nachfrage.

Dass an den Nachmittagen dann mehr stattfinden müsse als "nur Hausaufgabenbetreuung und Mofaworkshop", wie der bildungspolitische Sprecher der CDU, Josef Keller, kritisch anmerkte, weiß man auch im Ministerium. Alle interessierten Gymnasien hätten eine Checkliste mit den wichtigsten Aspekten des "G8GTS-Konzepts" erhalten, das selbstverständlich - bei der um ein Jahr verkürzten Schulzeit - auch Nachmittagsunterricht vorschreibe, heißt es in Mainz.

Die Union ist damit nicht zufrieden. Ganztagsschulen dürften generell nicht länger reine "Angebotsschulen" sein, in denen nach dem Mittagessen die gemeinsame Freizeitgestaltung im Mittelpunkt stehe; und oft genug unprofessionelle Hilfskräfte die Betreuung der Kinder übernommen hätten. Für CDU-Mann Keller ist das Ganztagsschulprogramm der Landesregierung eine "Mogelpackung mit zu wenig Bildung". Es werde "zu viel Kram gemacht". Die Kritik der Lehrergewerkschaft GEW geht in eine ähnliche Richtung. Die große Mehrheit der Gesamtschulen sei "in Angebotsform additiv organisiert". Vormittags werde unterrichtet, nachmittags gebe es Wahlangebote. Eine gute Ganztagsschule zeichne sich aber dadurch aus, dass sich Unterrichtsphasen mit Übungs-, Vertiefungs- und Entspannungsphasen abwechselten. "Rhythmisierter Unterricht" heißt das bei der GEW. Und der müsse flächendeckend eingeführt werden.

Die Kritik scheint angekommen zu sein. Man werde die Qualität der Schulen "mit allen Beteiligten ständig weiterentwickeln", verspricht die SPD. Die Ganztagsgymnasien mit Rapidabitur profitieren wohl als erste. Für notwendige Lehrerneueinstellungen, die flächendeckenden, "rhythmisierten Unterricht" auch nachmittags gewährleisten könnten, fehlt jedoch das Geld. Das weiß auch die CDU. Es fehlten ja schon Lehrer zur Abdeckung des Status quo, moniert Bildungsexperte Keller. Woher das Geld kommen soll, sagt auch er nicht. Die Bundeszuschüsse von 198 Millionen Euro für die Schaffung von Ganztagsschulen hat das Land verbraucht. Mehr Geld aus Berlin gibt es nicht. Vielleicht, hört man jetzt aus Mainz, müssen es bis 2011 ja doch keine 600 Ganztagsschulen werden; 500 reichten vielleicht auch. Ganz ohne weiteren Ganztagsschulen(um-)bau soll der Schuldenberg des Landes bis dahin auf 31 Milliarden Euro angewachsen sein, prophezeit der Bund der Steuerzahler. Und das wäre dann ja Rekord genug.

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