Kommentar: Bushs bröckelnde Bande

Der Rücktritt von US-Justizminister Gonzales war fällig - Eigentlich hätte der Bush-Adept das Amt gar nicht bekommen dürfen. So zerbröckelt die Texas-Clique Stück für Stück.

Nun ist also auch US-Justizminister Alberto Gonzales zurückgetreten. Das war überfällig, zumal der Mann nie in dieses Amt hätte kommen dürfen. Als Gonzales im Februar 2005 zum Nachfolger von John Ashcroft berufen wurde, war er vor allem durch drei Dinge aufgefallen: absolute Loyalität zu US-Präsident George W. Bush schon zu Zeiten, als beide noch in Texas Politik machten; zweitens eine überaus eingeschränkte Auffassung von dem, was ein Rechtsstaat bedeutet; und drittens ein von ihm Anfang 2002 verfasstes Rechtsgutachten über die Frage, ob die Garantien der Genfer Konventionen einschließlich des Folterverbots im Rahmen des Antiterrorkrieges wohl anzuwenden seien. Seine Antwort lautete: Eher nein.

Es lag allein an der Arroganz der gerade erst wiedergewählten Bush-Regierung, dass ausgerechnet Gonzales zum Justizminister berufen wurde. Und es ist schon mehr als ein kleines Indiz des Zerfalls, dass mit Gonzales jetzt der Nächste aus der alten Texasbande von Bord geht - nur wenige Wochen nach dem Rücktritt von Bushs wichtigstem Berater, Karl Rove.

Gonzales, an dem Bush bis zuletzt ebenfalls loyal festhielt, hatte seine Bedeutung für die US-Regierung in Wirklichkeit schon lange verloren. Denn selbst in republikanischen Reihen hatte sich die Ansicht durchgesetzt, dass der Mann zur qualifizierten Ausübung seiner Funktion schlicht nicht in der Lage, sein Ministerium mithin nur eingeschränkt funktionsfähig war. Der konkrete Anlass - und es gab in der Vergangenheit viele solcher Anlässe und Verteidigungsauftritte von Gonzales im Senat, die jede Intelligenz beleidigten - spielte für seine Demission eigentlich eine nachgeordnete Rolle.

Dass US-Präsidenten während der letzten beiden Jahre ihrer zweiten Amtszeit nicht mehr viel bewegen können, ist nicht ungewöhnlich. Ihre potenziellen Nachfolger bringen sich in Stellung und gehen auf Distanz; um die aktuellen Machtinhaber wird es einsamer. Aber was Washington gerade erlebt, ist schon einmalig. Da zerfällt vor aller Augen eine Führungsclique, die sich einst angeschickt hatte, die USA und die Welt auf lange Zeit zu dominieren. Recht so. Nur ein bisschen spät.

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Jahrgang 1965, seit 1994 in der taz-Auslandsredaktion. Spezialgebiete USA, Lateinamerika, Menschenrechte. 2000 bis 2012 Mitglied im Vorstand der taz-Genossenschaft, seit Juli 2023 im Moderationsteam des taz-Podcasts Bundestalk. In seiner Freizeit aktiv bei www.geschichte-hat-zukunft.org

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