Kommentar: Gesundheit im Wettbewerb

Hochwertige Patientenversorgung versus kapitalmarktorientierte Interessen - die Konkurrenz von Kliniken und der Privatisierungstrend können schnell auf Kosten des Patienten gehen.

Die Kritik am öffentlich organisierten Krankenhauswesen ist berechtigt: Zu oft wurde die Errichtung einer öffentlichen Klinik als bloßes Prestigeprojekt betrieben, wichtige Managementpositionen in konfessionell gebundenen oder städtischen Kliniken wurden nach Religionszugehörigkeit oder Parteibuch entschieden, statt nach fachlicher Kompetenz.

Doch die fetten Jahre explodierender Krankenhauskosten, nutzloser Überkapazitäten und unnötig verlängerter Klinikaufenthalte sind mit der Einführung diagnosebezogener Fallpauschalen vorbei. Bei dem entstandenen Wettbewerb halten nur Kliniken mit, die effizient arbeiten. Die in der Regel unterfinanzierten kommunalen Kliniken können gegen die privaten Gesundheitskonzerne kaum noch bestehen - zumal diese durch mehr Effizienz manchmal auch bessere medizinische Angebot erreichen und die Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung fördern können.

Doch die Privatisierung von Krankenhäusern bildet auch einen Sprengsatz für die solidarische Krankenversorgung. Erstens gerät im Krankenhausalltag der Patient als Individuum aus dem Blick. Patienten, deren Behandlungskosten absehbar über den abrechenbaren Fallpauschalen liegen, werden sich, abgesehen von Notfällen, künftiger häufiger auf eine Odyssee begeben müssen, um eine gute Klinikbehandlung zu bekommen. Wenn Ärzte zudem zeitnah über Kosten-Erlös-Vergleiche für jeden Patienten informiert sind, wird sich dies auch auf ihre ärztlichen Entscheidungen niederschlagen - zum Schaden "teurer" Patienten. Zweitens wird eine gesundheitspolitische Steuerung und staatliche Krankenhausplanung erschwert, wenn die qualitativ hochwertige Versorgung aller Patienten in Widerspruch zum Gewinninteresse eines internationalisierten Klinikkapitalmarkts steht und sich unter Wettbewerbsbedingungen Profit- und Non-Profit-Kliniken zudem immer mehr angleichen. Es ist zu befürchten, dass bestimmte Patientengruppen unbehandelt bleiben. Das ist die große Gefahr der schönen, neuen, privaten Krankenhauswelt.

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