SPD: Wowereit gibt den Anti-Beck

Neuer Streit um Koalitionen: Die Berliner SPD hält Rot-Rot im Bund 2013 für möglich. Innenminister Schäuble zeigt sich indes offen für eine andere Option.

Blick nach links: Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit Bild: dpa

BERLIN taz Es passiert nicht alle Tage, dass ein prominenter Gast auf einem Landesparteitag in die laufende Debatte eingreift. Doch als Bundesfinanzminister Peer Steinbrück (SPD) nach seiner Gastrede zum zweiten Mal zum Rednerpult geht, hat Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) seine Delegierten gerade darauf eingeschworen, die neue Linkspartei auch auf Bundesebene nicht zu tabuisieren. "Wenn das so wäre, müsste ich die Koalition in Berlin sofort beenden", sagte Wowereit, der seit fünf Jahren mit der PDS regiert. "Wir haben keinen Grund, uns anzupassen", schimpft daraufhin Peer Steinbrück und warnt erneut davor, der Linken "Tür und Tor zu öffnen".

Der ungewöhnliche Wortwechsel zwischen Bundesminister und Länderfürst verdeutlicht, in welche Schwierigkeiten die Lafontaine-Partei die Bundes-SPD derzeit bringt. Erst am Samstag hatte Parteichef Kurt Beck die Parole ausgegeben: "Die Linke ist nicht koalitionsfähig." Zum gleichen Zeitpunkt hatte Wowereit dem Spiegel aber schon verraten, dass die Partei über mögliche Bündnisse von Fall zu Fall entscheiden müsse - ob im Osten oder im Westen. Er schloss nicht aus, dass es bereits 2013 zu einer rot-roten Koalition auf Bundesebene kommen könne.

Hatte Beck geglaubt, mit seiner Aussage einen vorläufigen Schlussstrich unter die Debatte zu ziehen, hat er sich getäuscht. Auch wenn der glücklose SPD-Parteichef neben seinem Vize Peer Steinbrück Schützenhilfe auch von der SPD-Linken Andrea Nahles bekam, zeigt sich doch: Die SPD, derzeit im Umfragetief, steht unter Druck. So sieht das auch der SPD-Chef im Bundestag Peter Struck, der am Wochenende einräumte, dass die Sozialdemokraten durch die Gründung der Linkspartei verunsichert seien. "Aber das wird sich verlaufen", gab er sich optimistisch und betonte: "Mit der Linkspartei wird es nie eine Zusammenarbeit auf Bundesebene geben."

Höhepunkt der politischen Farbenlehre am Wochenende: Nachdem sich Nahles für eine Ampel aus SPD, Grünen und FDP aussprach, meldete sich Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zu Wort und brachte eine schwarz-grüne Koalition auf Bundesebene ins Spiel. Er lobte den Berliner Oppositionsführer Friedbert Pflüger (CDU), der gerade mit Grünen und FDP rumschmust.

Beim Gerangel um Koalitionspartner geriet fast in den Hintergrund, dass die Delegierten des SPD-Landesparteitags in den Kreuzberger Axel-Springer-Passagen zusammengekommen waren, um das neue Grundsatzprogramm ihrer Partei zu diskutieren. Aber auch in der Programmdebatte gingen die Berliner Genossen auf Konfrontationskurs. Statt eines "vorsorgenden Sozialstaats", wie ihn Kurt Beck will, fordern sie eine öffentliche Daseinsfürsorge - ohne weitere Privatisierungen öffentlichen Eigentums. "Wir sind die Partei des demokratischen Sozialismus", stellte Klaus Wowereit fest. Auf Bundesebene ist der linke Traditionsbegriff längst aus dem Programmentwurf gestrichen worden.

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