Online-Durchsuchungen: SPD verhindert staatliches Hacking

Sozialdemokraten lehnen Beschluss zu heimlichen Online-Untersuchungen ab - zumindest bis 2008. Denn zuerst müsse das Verfassungsgericht entscheiden.

Vor einem Beschluss aus Karlsruhe will sich die SPD in Sachen Online-Durchsuchung nicht bewegen, sagt Innenausschuss-Vorsitzender Edathy. Bild: dpa

BERLIN taz Auch wenn die Union zur Eile drängt: Im Koalitionsstreit um die Erlaubnis von heimlichen Online-Durchsuchungen zur Terrorbekämpfung wollen sich die Sozialdemokraten nicht unter Zeitdruck setzen lassen. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), erklärte am Sonntag der taz, seine Partei werde auf jeden Fall zunächst ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts abwarten, mit dem Experten erst Anfang 2008 rechnen.

"Die Position der SPD ist definitiv die, dass wir vor Karlsruhe nichts machen", sagte Edathy. Zu einer gesetzlichen Regelung auf Bundesebene sei man erst dann bereit, wenn die obersten Richter über die Klage gegen ein nordrhein-westfälisches Landesgesetz entschieden hätten. NRW gestattet dem Verfassungsschutz bereits Zugriffe auf Computer. Die Verhandlung in Karlsruhe soll im Oktober beginnen.

Zur Begründung für die abwartende Haltung der SPD sagte Edathy: "Es wäre unklug, wenn wir jetzt eine Entscheidung treffen, die wir dann möglicherweise im Lichte des Karlsruher Urteils kurzfristig wieder korrigieren oder revidieren müssten." Die Sozialdemokraten seien nicht grundsätzlich gegen Online-Durchsuchungen, betonte Edathy. "Darüber kann man diskutieren, aber es ist nicht entscheidungsreif." Außerdem habe der Chef des Bundeskriminalamts (BKA), Jörg Ziercke, selbst darauf hingewiesen, dass die technischen Voraussetzungen "noch nicht ausgereift" seien.

Die Union macht dennoch weiter Druck. So sagte Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU) der Passauer Neuen Presse: "Die SPD spielt auf Zeit. Es gibt überhaupt keinen Grund, die Hände in den Schoß zu legen." Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) kritisierte, es sei "unvertretbar", wenn Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) auf die Bremse trete. Online-Kontrollen seien dringend notwendig, so Beckstein, weil das Internet das "führende Medium für Terroristen" geworden sei.

SPD-Chef Kurt Beck erklärte sich in der Bild am Sonntag zwar "gesprächsbereit", stellte aber das gesamte Projekt Online-Durchsuchungen in Frage: "Wir müssen sorgfältig abwägen, ob es nötig und ob es juristisch überhaupt möglich ist." Trotz der deutlichen Meinungsverschiedenheiten äußerte sich Kanzleramtschef Thomas de Maizière (CDU) in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung "optimistisch, dass wir bis Ende August zu einer Einigung kommen." Diese wird allerdings zusätzlich erschwert, weil die Union das gesamte neue BKA-Gesetz zur Erweiterung der bundespolizeilichen Befugnisse mit dem Beschluss über die Online-Durchsuchungen verknüpft hat.

Bleiben beide Koalitionspartner bei ihren Positionen, käme bis zum Karlsruher Urteil 2008 gar kein Gesetz zustande. "Das wäre dann die Konsequenz", sagte der SPD-Politiker Edathy der taz. "Ich plädiere dafür, das BKA-Gesetz jetzt voranzutreiben und Online dabei auszusparen."

Angesichts des anhaltenden Hickhacks um die staatlichen Hacker mahnte der niedersächsische Innenminister Schünemann (CDU) eine schnelle Einigung an. Sein Vorschlag: eine Urlaubssperre für alle Innenpolitikexperten.

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