Balkan: Gedankenspiele über das Kosovo

Serbische Zeitung bringt den Vorschlag eines Staatenbundes mit Serbien ins Gespräch

EIn Bund souveräner Staaten? Serbiens Präsident Kostunica winkt ab. Bild: dpa

PRISHTINA taz Wahrscheinlich ist der Vorschlag, einen Bund souveräner Staaten Serbien-Kosovo zu schaffen, nur ein Versuchsballon. Und kein ernsthafter Politiker in der Region ist für den von der serbischen Zeitung Vecernje Novosti am Wochenende ins Spiel gebrachten Gedanken bisher eingetreten. Der serbische Präsident Vojislav Kostunica winkte sofort ab und besteht auf Verhandlungen, die lediglich das Autonomiestatut der serbischen Provinz Kosovo festlegen sollen. Und auch im kosovarischen Parlament sprachen sich alle Redner gegen solche Gedankenspiele aus. Die Sprecherin des EU-Außenpolitikers Javier Solana erklärte zudem, sie wisse "nichts von einem solchen Vorschlag".

Und doch hat die Veröffentlichung der serbischen Zeitung in der Region für Aufregung gesorgt. Das Thema beherrscht seit zwei Tagen die Medien im Kosovo. Eine Konföderation Serbien-Kosovo, ein Staatenbund zweier souveräner Staaten, hätte den Vorteil für das zögerliche und in dieser Frage uneinige Europa, eine schnelle Entscheidung über den Status des Kosovo aufschieben zu können. Zudem käme eine solche Konstruktion den Interessen der serbischen Regierung entgegen.

Das jedenfalls glaubt der bekannte kosovoalbanische Intellektuelle Shkelzen Maliqi die Situation. "Dann könnte nach einer gewissen Zeit, in drei oder vier Jahren, eine Volksabstimmung im Kosovo über die Loslösung von dieser Föderation stattfinden, mit natürlich eindeutigem Ergebnis. In Serbien könnte die Öffentlichkeit auf die Unabhängigkeit Kosovos vorbereitet werden, ohne dass die Regierung ihr Gesicht verlöre", sagt Maliqi. Doch er selbst hält den Vorschlag kaum für realistisch. Denn die kosovarische Öffentlichkeit könne nicht mehr so lange warten.

"Was ist das für ein Zustand, acht Jahre nach dem Krieg leben wir Albaner in der gleichen unsicheren Situation, nur dass der Krieg beendet ist. Die Wirtschaft liegt am Boden. Und die von der UN-Mission ausgegebenen Pässe sind kaum etwas wert", sagt der 70-jährige ehemalige Bankmanager Hajdar Lomi. Da die UN-Mission im Kosovo nach dem Scheitern eines Votums im UN-Sicherheitsrat sich nun selbst im Schwebezustand befinde, sei es sogar unmöglich, Adressänderungen auf den Papieren zu vermerken. "Noch einmal verhandeln, uns noch einmal vertrösten lassen, das geht nicht, wir brauchen einen richtigen Staat", erklärt Lomi erbost.

Diese Meinung teilen die meisten Kosovoalbaner. Sie haben von den diplomatischen Ränkespielen die Nase voll. "Was sollen neue Verhandlungen, wenn alles schon gesagt und verhandelt ist", so der Tenor in allen Zeitungen. Die veröffentlichte Meinung sieht wenig Sinn in der Bildung einer Troika, in der Europa, Russland und die USA vertreten sind. Auch die von der UN-Mission für den Herbst angesetzten Parlaments- und Kommunalwahlen sowie die 120 Tage Frist, die die Troika hat, um über die Statusfrage zu verhandeln, werden als Ablenkungsmanöver interpretiert. Dadurch solle eine Entscheidung über die Unabhängigkeit des Kosovo aufgeschoben werden.

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