Indiens Nukleardeal: Kommunisten gegen US-Hilfe

Der Nukleardeal mit den USA bringt die indische Minderheitsregierung in die Bredouille. Kommunisten drohen, ihre Tolerierung zu beenden. Sie fürchten einen wachsenden Einfluss der USA.

Kein Bock auf Amerika: Kommunisten protestieren gegen Atomdeal. Bild: ap

DELHI taz Wegen des geplanten Nuklearhandels mit den USA droht in Indien eine Regierungskrise. Mehrere Vertreter einer Allianz aus vier kommunistischen Parteien, die das Minderheitskabinett der regierenden Kongresspartei toleriert, drohen mit einem Ende der Unterstützung. Sie lehnen den Handel strikt ab.

Das Abkommen sieht vor, dass die USA zivile Nukleartechnologie und Brennstäbe an das energiehungrige Land liefern. Die Kommunisten kritisieren, die USA erhielten dadurch einen übermäßig starken Einfluss auf die indische Außenpolitik. Denn Indien, das den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet hat, müsste im Gegenzug Inspektionen seiner zivilen Atomanlagen zulassen. Zudem fordern Gegner des Handels im US-Kongress bis heute, Indien solle im Gegenzug auf weitere Atombombentests verzichten.

Debatten zum Thema haben in den letzten Wochen immer wieder zu tumultartigen Szenen im indischen Unterhaus geführt. Abgeordnete der rechtsgerichteten BJP warfen der Regierung und Premier Manmohan Singh "mangelnden Patriotismus" vor. Ein Anführer der Communist Party of India (CPI) sagte der Tageszeitung Indian Express, die "Flitterwochen" mit der Regierung seien vorbei. Die Kommunisten sollten nicht zögern, die "Scheidungspapiere" einzureichen, sollte es zu dem Handel kommen. Andere Vertreter der Linken relativierten solche Aussagen. Es gehe nicht darum, "die Regierung zu Fall zu bringen", so ein regionaler Anführer der großen Communist Party of India (Marxists) (CPM), sondern lediglich darum, für einen Wandel in der Regierungspolitik zu sorgen, sofern sie nicht im "nationalen Interesse" stünde. Zu Verhandlungen mit der Internationalen Atomenergieorganisation in Wien und der Nuclear Suppliers Group (NSG) dürfe es aber auf keinen Fall kommen. Die NSG, der auch Deutschland angehört, müsste zunächst zustimmen, damit der Handel erfolgen kann.

Trotz aller Differenzen signalisieren die Kommunisten Kompromissbereitschaft. Inzwischen haben die Marxisten Premierminister Singh und der Kongresspartei die Bildung eines Komitees aus Diplomaten und Experten vorgeschlagen, das in der Streitfrage vermitteln soll. Zurzeit stimmen sich die anderen linken Parteien intern ab, welche Positionen sie bei den Verhandlungen einnehmen wollen, die Anfang nächster Woche beginnen sollen. Führende Vertreter der CPM betonten immer wieder, es gehe ihnen nicht darum, die Regierung zu stürzen. "Das würde nur der BJP helfen."

Das Abkommen war zuvor auch im US-Kongress heftig diskutiert worden. Denn es gestattet Indien, die abgebrannten Brennstäbe weiterzuverarbeiten. Kritiker beanstanden, dass Indien, das derzeit geschätzt zwischen 70 und 120 Atombomben besitzt, sein Nukleararsenal weiter aufstocken könnte. Dennoch konnten sich die Befürworter des Handels durchsetzen. Damit haben die USA ihre drei Jahrzehnte währende Nonproliferationspolitik faktisch beendet, was Kritik provozierte. In der Auseinandersetzung mit Iran sei der Nuklearhandel mit Indien das falscheste Signal, schrieben Kommentatoren weltweit.

Auch in Australien hatte der Handel zu aufgeregten Debatten zwischen der konservativen Regierung von Howard Dean und der oppositionellen Labour-Partei geführt. Denn Australien hat sich der Initiative der USA angeschlossen und beabsichtigt, Indien mit Uran zu beliefern. Damit verabschiedet sich das größte Uran produzierende Land der Welt von seiner Politik, nur jene Länder zu beliefern, die den Atomwaffensperrvertrag unterzeichnet haben.

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