Rauchverbot: "Das kocht jetzt nochmal hoch"

In Taxen, Bussen und Fernzügen ist Qualmen ab Samstag verboten. Die Wut der Raucher weckt Hoffnungen, weitere Verbote abmildern zu können.

Im Zug auf Entzug: Ab September ist Rauchen in der Bahn verboten Bild: dpa

Catweazle hieß einmal ein Zauberer in einer britischen Fernsehserie. Der Mann hat sich unversehens vom elften ins zwanzigste Jahrhundert katapultiert. Dort rang der Arme mit erheblichen Eingwöhnungsproblemen.

Heute gibt es in Mannheim eine Bierkneipe, die den Namen des Serienhelden trägt. Der Wirt des "Catweazle" heißt Wolfgang Stengel. Am 1. August wurde er in eine neue Zeit katapultiert. An diesem Tag trat in Baden-Württemberg das Kneipenrauchverbot in Kraft. Auch einen Monat danach ringt Stengel mit erheblichen Eingewöhnungsproblemen, die er mit Worten wie "Existenzzerstörung" umschreibt. Deshalb führt er eine Kampagne gegen das Rauchverbot. Er will sie mit einem Sieg vorm Bundesverfassungericht beenden. Stengel sagt: "Die Aktion geht ab wie eine Kanone".

Zur Wut vieler Wirte könnte ab Samstag auch die Wut von Rauchern in Zügen, von zigarrengewohnten Rentnern in Reisebussen und nikotinabhängigen Taxifahrern kommen. Am 1. September gilt ein Bundesgesetz. Es verbietet das Rauchen in öffentlichen Verkehrsmitteln. Nun stellt sich die Frage, ob die versammelte Wut die Politik noch beeinflussen kann. Denn während in Baden-Württemberg und Niedersachsen die Rauchverbote in Gaststätten schon gelten, müssen die meisten Landtage erst abstimmen.

Alle Länder außer dem Saarland wollen das Rauchen ebenfalls auf strikt abgetrennte Nebenräume beschränken. Eine Einraumkneipe wie das "Catweazle" in Mannheim muss ganz rauchfrei werden. Bei den Rauchverbotsgegnern regt sich nun wieder Hoffnung. "Die Verbotsorgien sind jetzt erst richtig in der Öffentlichkeit", sagt Detlef Parr, der drogenpolitische Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion. "Das kocht jetzt nochmal hoch." Parr kommt aus Nordrhein-Westfalen und hofft, dass zum Beispiel dort noch Kneipen, die keinen zweiten Raum haben, verschont werden. "Ich habe die Hoffnung, dass wir für die Einraumkneipen noch eine Lösung bekommen", sagt auch Ingrid Hartges, Geschäftsführerin vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband. "Hier geht es um die Existenz der Wirte."

Das meint auch Wolfgang Stengel vom Catweazle. Er ist 56 Jahre alt, Nichtraucher und einer, der sich so leicht nicht einschüchtern lässt. "Das Gesetz wurde mit dem Vorschlaghammer durchgesetzt", sagt er. Unter www.sammelklage-rauchverbot.de wettert er gegen das Verbot, erläutert seinen Plan vors Bundesverfassungsgericht zu gehen und wirbt um Spenden. 27.000 Euro haben sie schon in der Kasse. "Am Tag bekommen wir 100 E-Mails", sagt Stengel.

Auch Ingrid Hartges vom Gaststättenverband in Berlin hat schon mal Juristen beauftragt, um die Klageaussichten auszuloten. Parallel versuchten die Landesverbände mit Stellungnahmen oder Unterschriftenaktionen "politische Überzeugungsarbeit" zu leisten, sagt sie. Leicht wird das nicht, denn die Regierungspolitiker haben den Nichtrauchern feste Versprechen gemacht. In den meisten Ländern haben die Ministerriegen die Gesetzentwürfe schon abgesegnet. Bärbel Höhn, Fraktionsvize der Grünen im Bundestag, poltert: "Ich kann den Ministerpräsidenten nur raten, sich nicht wieder mit der großen Mehrheit der Bevölkerung anzulegen. Sie haben sich bereits eine blutige Nase geholt, als sie den Nichtraucherschutz hintertreiben wollten."

"Es gibt keinen Anlass am Entwurf irgendetwas zu ändern, nur weil jemand mit Klagen droht", sagt Berlins Gesundheitssenatorin Katrin Lompscher von der Linkspartei. In den Kneipen und Restaurants der Hauptstadt soll das Rauchverbot ab Neujahr 2008 gelten.

Allerdings sind bei den Rauchverboten Details wichtig? Muss der Raucherraum ein kleines Nebenzimmer sein? Wie hoch ist das Bußgeld? Gilt für Diskos absolutes Rauchverbot? Um solche Fragen werden die Lobbyisten von Tabakindustrie und Gastronomie einerseits und Anti-Qualm-Initiativen andererseits kämpfen. Bis zur letzten Minute.

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