Mügeln: Westerwelle steht zu seinen Sachsen

Der FDP-Bürgermeister beschönigt die Hetzjagd in einer Rechtspostille, doch Sachsens FDP-Chef fährt lieber Motorrad. Parteichef Westerwelle redet die Sache klein.

Sachsens FDP-Chef Holger Zastrow und FDP-Chef Guido Westerwelle Bild: dpa

Die FDP-Spitze in Sachsen hat dieser Tage Wichtigeres zu tun, als sich mit dem Fall Mügeln und den Einlassungen ihres Mitglieds, des Bürgermeisters Gotthard Deuse, in der Jungen Freiheit (JF) herumzuschlagen. Die 4. FDP-Motorradtour hat begonnen, und die Liberalen brausen, angeführt von Landeschef Holger Zastrow auf seiner Kawasaki Ninja ZX-9R, kreuz und quer durch den Freistaat. "Wir kommentieren das nicht." Mehr hatte Zastrows Pressesprecher am Freitag zum Fall Deuse nicht mitzuteilen. Der Kurs der Parteifreunde in Sachsen irritiert einige Präsidiumsmitglieder der Bundespartei. Denn die FDP steht am Pranger seit der Mügelner Bürgermeister in einem JF-Interview den Fall Mügeln mit Sebnitz gleichgesetzt hat. Damals hatten Medien voreilig eine rechtsextreme Tat herbeigeschrieben. Deuse müsse zurücktreten, verlangte der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer.

Hinter vorgehaltener Hand zeigen sich führende FDP-Politiker inzwischen zudem befremdet über die publizistischen Aktivitäten des sächsischen FDP-Chefs. Zastrow, der in Dresden eine PR-Agentur betreibt, hat sich in den letzten Jahren mehrfach als Gastkommentator für die Junge Freiheit betätigt. Im JF-Archiv findet sich auch ein Nachruf Zastrows auf den "Querdenker" Jürgen Möllemann und ein Interview des Blatts mit Zastrow aus dem Jahr 2000. Die Sachsen-FDP definierte er darin als "freiheitliche Volkspartei und als bürgerliche Protestpartei" und lobte die österreichischen Rechtspopulisten: "Die FPÖ hat den Mut gehabt, sich mit den Etablierten anzulegen - und dieser Mut ist belohnt worden."

FDP-Chef Guido Westerwelle bemüht sich um Schadensbegrenzung. Er verwies am Freitag darauf, dass Deuse in der Lokalpresse bereits seine Äußerungen in der Jungen Freiheit relativiert habe. "Der Bürgermeister hat, wie jeder nachlesen kann, gestern klargestellt, dass es nichts zu verharmlosen gibt", sagte Westerwelle der Neuen Osnabrücker Zeitung. Gleichzeitig verteidigte er die Haltung seiner Partei. Die FDP habe "stets klargemacht, wie sehr wir die Attacken von Mügeln und übrigens auch anderswo in Deutschland verabscheuen und wie wichtig es für alle Demokraten ist, unmissverständlich dagegen Stellung zu beziehen." Zu den Rücktrittsforderungen schwieg er ebenso wie zum Verhalten der Sachsen-FDP.

Am Montag soll das Thema Mügeln im FDP-Parteivorstand noch einmal auf die Tagesordnung kommen. Dies hatte unter anderem der niedersächsische FDP-Fraktionschef Philipp Rösler, selbst vietnamesischer Herkunft, verlangt. Mit Westerwelles Erklärung sei die Debatte für ihn aber eigentlich beendet, sagte er der taz. Auch wenn er selbst der Jungen Freiheit niemals ein Interview geben würde.

Die Staatsanwaltschaft ermittelt zwei Wochen nach den Übergriffen auf acht Inder inzwischen gegen zwölf tatverdächtige Deutsche. Die Männer kommen alle aus Mügeln und Umgebung.

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