Raumfahrt-Kommentar: Enthusiasmus - und neues Wettrüsten

Bei der Raumfahrt ist der Pioniergeist immer ein guter Diener für militärische Zwecke gewesen. Wir verfolgen also gerade den Beginn eines neuen Wettrüstens.

Die Japaner haben eine Mondsonde gestartet. China, Indien sowie die althergebrachten Weltraummächte USA, Russland und die Europäische Union sind ebenfalls im Rennen. In den kommenden Jahren soll eine Mission nach der nächsten den Trabanten umrunden oder auf ihm landen, am Ende wollen Russen, Chinesen und natürlich die USA auch wieder Menschen auf den Mond schießen und Fahnen pflanzen. Danach ist der Mars schon fest im Visier. Und diverse private Konsortien - seit dieser Woche angefeuert von Google - wollen diese Länder ein- und überholen.

Das freut den Weltraumfan nach all den mageren Jahren mit wenig Aufregung. Durch die privaten Unternehmen und Stiftungen kommt auch eine völlig neues Preisbewusstsein ins Spiel. Sie rechnen mit Millionen, wo die staatlichen Raumfahrtagenturen in Milliarden dachten. Ob sich die Träume dann erfüllen, ist natürlich eine ungeklärte Frage. Nicht ohne Grund steht im Amerikanischen der Begriff "rocket science" oder "Raketenwissenschaft" für ein kompliziertes und tückisches Problem. Aber ohne eine breitere Konkurrenz und neue Ideen wird die Weltraumfahrt nicht weiterkommen. Weil es sich sonst nur die ganz reichen Nationen leisten können.

Was den politischen Beobachter stutzig macht, ist die Pioniereuphorie von USA, Russland, China & Co: Wenn solche Regierungen von Idealen reden, steckt normalerweise mehr dahinter. Bei der Raumfahrt ist der Pioniergeist immer ein guter Diener für militärische Zwecke gewesen. Mit der Trägerraketentechnik und den Space Shuttles haben die USA ihre militärische Überlegenheit im Weltraum aufgebaut und gesichert. Die Geheimdienste Russlands und der USA, später einiger weiterer Länder, lieferten sich ein Kopf-an-Kopf-Rennen um die besten Spionagesatelliten.

Jetzt soll eine neue Generation von Fahrzeugen und Raumsonden entwickelt werden. Diese Technik werden die Militärs dankbar nutzen. Wir verfolgen also gerade den Beginn eines neuen Wettrüstens. Da es nicht mehr nur um West gegen Ost handelt wie im Kalten Krieg, sondern auch die großen Schwellenländer mitmischen, lässt sich dieses Wettrüsten auch kaum noch verhindern: Die Initiative müsste, wenn überhaupt, dann vom Vorreiter im Orbit ausgehen, den USA. Doch die US-amerikanischen Regierungen gleich welcher Couleur haben keinerlei Neigung gezeigt, ihre Pläne zur Weltraumherrschaft aufzugeben.

Es bleibt also mal wieder alles am Bürger hängen, in diesem Fall also dem Wachstum einer - mehr oder weniger weltweiten - Friedensbewegung. Sie könnte unangenehme Fragen stellen, Experten ausbilden und für Offenheit sorgen. Doch leider ist eine mächtige Friedensbewegung soweit entfernt wie eine Landung auf dem Mars.

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Reiner Metzger, geboren 1964, leitet taz am Wochenende zusammen mit Felix Zimmermann. In den Bereichen Politik, Gesellschaft und Sachkunde werden die Themen der vergangenen Woche analysiert und die Themen der kommenden Woche für die Leser idealerweise so vorbereitet, dass sie schon mal wissen, was an Wichtigem auf sie zukommt. Oder einfach Liebens-, Hassens- und Bedenkenswertes gedruckt. Von 2004 bis 2014 war er in der taz-Chefredaktion.

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