Kommentar G8-Polizeieinsatz: Aus Heiligendamm lernen

Der GdP-Bericht erinnert an die offenen Fragen der Polizeieinsätze beim G8-Gipfel. Die müssen jetzt endlich in Ausschüssen reflektiert werden - denn der nächste Polizei-Großeinsatz kommt bestimmt.

Die unseligen Einsätze von Polizei und Bundeswehr auf dem G-8-Gipfel von Heiligendamm liegen weit zurück - ihre Aufklärung steht ganz am Anfang. Da kommt der Bericht der Polizeigewerkschaft (GdP) gerade recht, um der inzwischen beinahe verstummten Diskussion über den größten Polizeieinsatz der deutschen Geschichte wieder ein wenig Feuer zu geben.

Der Inhalt des Gewerkschaftspapiers ist dabei zweitrangig. Es ist zwar erfreulich, dass die größte Polizeigewerkschaft die Tiefflugübungen der Bundeswehr über den G-8-Camps kritisiert. Die Sorge über eine stärkere Rolle der Armee im Inneren resultiert aber sehr wahrscheinlich zuallererst aus der Sorge um die Arbeitsplätze von Polizisten. Die im Bericht wiedergekäute Geschichte von Säureattacken auf Polizeibeamte sind bis zum Beweis des Gegenteils zum Genre Schauermärchen zu zählen. Und der Versuch, die Schuld für polizeiliche Verfehlungen allein dem Innenministerium von Mecklenburg-Vorpommern zuzuschieben, ist ein durchsichtiges Manöver.

So liefert der Bericht zwar einige Hinweise auf die Ursachen der übermäßigen polizeilichen Gewalt: Die Beamten fühlten sich allein gelassen, unzureichend ausgerüstet, überfordert: Solche Polizisten können nicht besonnen reagieren. Der Bericht liefert aber keine Antworten auf die drängenden Fragen: Wer trug die Verantwortung für ausufernde polizeiliche Gewalt? Wie weit dürfen die Sicherheitsbehörden bei ihren Einsätzen eigentlich gehen? Hat die richterliche Kontrolle funktioniert? Die kritische Bilanz der Polizeigewerkschafter zeigt nur, dass diese Fragen immer noch offen sind.

Beantwortet werden müssen sie nun in den Parlamenten: Im Schweriner Landtag tut ein Ausschuss zur Polizeigewalt Not, im Bundestag ein Ausschuss zum Einsatz der Bundeswehr. Der nächste Großeinsatz der Polizei kommt bestimmt, und die Diskussionen über schärfere Sicherheitsgesetze und eine stärkere Rolle der Bundeswehr im Inneren laufen. Es gilt aus den Fehlern von Heiligendamm zu lernen.

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Redakteur im Ressort Reportage und Recherche. Autor von "Wir waren wie Brüder" (Hanser Berlin 2022) und "Ich höre keine Sirenen mehr. Krieg und Alltag in der Ukraine" (Siedler 2023). Reporterpreis 2018, Theodor-Wolff-Preis 2019, Auszeichnung zum Team des Jahres 2019 zusammen mit den besten Kolleg:innen der Welt für die Recherchen zum Hannibal-Komplex.

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