Birma: Das Militär schlägt zurück

Der Protest der Mönche macht das Militärregime in Birma nervös. Mit Tränengas, Schlagstöcken und Schüssen versucht die Diktatur, sich zu retten.

Soldaten marschieren in Rangun auf Bild: dpa

BANGKOK taz Birmas Junta will die Eskalation: Die Militärregierung ist am Mittwoch gewaltsam gegen die Demokratiebewegung vorgegangen. Krankenhausärzte in der ehemaligen Hauptstadt Rangun bestätigten, es habe mindestens einen Toten und fünf Verletzte gegeben. Andere Quellen sprachen von mindestens fünf Toten und 17 Verletzten. "Die Situation in Myanmar macht mir Sorgen", sagte der frühere UN-Generalsekretär Kofi Annan gestern der taz. "Die Regierung muss den Willen der Menschen beherzigen und jeder Versuchung widerstehen, die Armee gegen das eigene Volk zu richten." Das Militär müsse alle politischen Gefangenen und auch die Oppositionsführerin Aung San Suu Kyi sofort freilassen.

Augenzeugen in Birma haben berichtet, dass Sicherheitskräfte Mönche und andere Demonstrationsteilnehmer zusammengeschlagen oder auf Militärlastwagen abtransportiert hätten. Der in Thailand ansässige Zweig der oppositionellen Nationalen Liga für Demokratie, der Partei von Friedensnobelpreisträgerin Aung San, sagte, es seien bis zu 300 Mönche und prodemokratische Aktivisten verhaftet worden.

Die Lage drohte bereits kurz nach elf Uhr Mittags Ortszeit brenzlig zu werden: Militär und Polizei gaben Warnschüsse ab und setzten Tränengas und Schlagstöcke ein, um die Demonstranten auseinander zu treiben. An der berühmten Shwedagon-Pagode, dem Nationalheiligtum Birmas, hatten sich kurz vor Beginn des Protestmarsches mehrere hundert Mönche versammelt - geschützt durch eine Menschenkette, die sie wie ein Schild gegen das Militär abschirmte.

Dass die Junta drakonisch durchgreifen wollte, zeichnete sich bereits in der Nacht zu Mittwoch ab: Sie verhängte eine nächtliche Ausgangssperre und verbot Versammlungen. Mehrere prominente Regimekritiker wurden festgenommen, darunter auch U Win Naing, ein Veteran der Demokratiebewegung, sowie der populäre Schauspieler Zaganar. Sein "Vergehen": Als Zeichen der Solidarität hatte Zaganar den protestierenden Mönchen Lebensmittel und Wasser gebracht. Auch soll die unter Hausarrest stehende Oppositionsführerin Aung San sich nicht mehr in ihrem Haus befinden, sondern in das berüchtigte Insein-Gefängnis gebracht worden sein.

Mehrere hundert Soldaten und Sicherheitskräfte bezogen gestern Morgen Stellung vor wichtigen Klöstern und Pagoden, um Proteste zu verhindern. Lautsprecherwagen ratterten durch die Straßen von Rangun und wiesen die Bevölkerung an, nicht an den von Mönchen gesteuerten Protesten teilzunehmen. Viele der Mönche jedoch gaben sich weiter kampfbereit: "Auch wenn die Militärs gegen uns vorgehen, lassen wir uns nicht vom Marschieren abhalten", sagten viele buddhistische Würdenträger.

Trotz massiver Einschüchterungsversuche durch die Junta waren gestern weiterhin mehrere tausend Menschen auf die Straßen gegangen, allein in der westbirmanischen Stadt Sittwe sollen es bis zu 15.000 gewesen sein. Am Montag war die Demokratiebewegung auf rund 130.000 allein in Rangun angewachsen. Es sind die größten Proteste seit der blutigen Niederschlagung der von Studenten geführten Demokratiebewegung im Jahr 1988.

Entzündet hatten sich die Demonstrationen im August aufgrund drastischer Preiserhöhungen für Benzin. In den vergangenen Tagen wandelten sie sich zum offenen Protest. UN-Generalsekretär Ban Ki Moon forderte Birmas Generäle inständig auf, gegenüber den Demonstranten größte Zurückhaltung zu üben und nach einer friedlichen Lösung zu suchen. US-Präsident George W. Bush hat am Dienstag angekündigt, sein Land werde die bestehenden Wirtschaftssanktionen gegen Birma weiter verschärfen. Auf Initiative Großbritanniens wird der UN-Sicherheitsrat in einer Dringlichkeitssitzung über die Lage in Birma beraten.

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