Birma ohne Zensur: Die Quelle im Hinterhof

Von der norwegischen Hauptstadt Oslo aus sendet der Exilsender Democratic Voice of Burma Nachrichten. Birmas Junta will das verhindern.

Redaktionsleiter Khing Maung Win in der Hinterhof-Zentrale Bild: ap

"So einen Stress haben wir noch nicht erlebt", sagt Khing Maung Win. Er ist Redaktionschef der Democratic Voice of Burma (DVB), eines TV- und Radiosenders, der seit 15 Jahren aus einem Osloer Hinterhof sendet. In diesen Tagen hat man die Sendungen über Kurzwelle und Satellit von den üblichen zwei auf neun Stunden verlängert. Und die Telefone stehen nicht still. Von Medien in aller Welt wird DVB in diesen Tagen der Proteste gegen die birmesische Militärjunta zitiert. CNN, BBC, eine Lokalzeitung in Nordnorwegen, eine indische Radiostation - sie alle bekommen von dem Exilsender Informationen. "Wir geben alles, was wir wissen, gern an andere Medien weiter", sagt der Redaktionschef.

Die Nachrichten aus den Redaktionsräumen in der Osloer Wessels Gate 4 gelten als relativ zuverlässig. "Die Wahrheit wissen wir von hier aus natürlich auch nicht", sagt Khin Maung Win. "Aber wir versuchen, sehr sorgfältig zu sein, kontrollieren alle Quellen doppelt und dreifach." Ein Aufkleber mahnt: "Keine Gerüchte weitergeben!"

Zehn JournalistInnen arbeiten bei DVB. Alle sind nach der gewaltsamen Niederschlagung der Proteste 1988 aus Birma geflohen. In Birma, Thailand und Indien gibt es etwa 100 MitarbeiterInnen. In Birma können sie aber nicht offen für DVB arbeiten. In den letzten Tagen soll die Zahl der Verhaftungen stark gestiegen sein. Khin Maung Win sagt: "Viele sind untergetaucht und wechseln ständig den Aufenthaltsort. Gleichzeitig versuchen sie, uns mit Nachrichten zu versorgen", mit Texten, Bildern und Videos über das Internet. Doch diese Quelle ist fast versiegt, seit es der Militärjunta am Freitag offenbar gelungen ist, die Verbindungen zu unterbrechen.

DVB ging 1992 auf Sendung. Die Initiative zur Gründung kam von den birmesischen Flüchtlingen in Norwegen. Finanzielle Hilfe erhält man bis heute unter anderem von der norwegischen Regierung, derzeit etwa eine halbe Million Euro jährlich, und von der CIA-nahen Stiftung National Endowment for Democracy - weshalb Medien in Birma DVB als "CIA-finanziert" bezeichnen.

Der Sender hat den eigenen Statuten nach neben "verantwortungsvollem Journalismus" auch politische Aufgaben: die Arbeit für Demokratie und Menschenrechte in Birma. Aye Chan Naing glaubt aber nicht, dass die Mischung aus Journalismus und Politik problematisch sei. "Man kann die Situation in Birma nicht mit dem Westen vergleichen", sagt er. "Es gibt keine freien Medien. Und wir versuchen immer, deutlich zu machen, was Nachricht ist und was Meinung."

Die Junta versucht, den Sendebetrieb zu stören. Früher, sagt Chefredakteur Aye Chan Naing, hätte sie die Sendesignale durch Störsender überlagert, heute blockiere sie die Webseite. Über ständig neue Webadressen und Auslandsserver versuche man, das zu umgehen. 5 Millionen bis 10 Millionen der 50 Millionen Birmesen erreiche man so. Derzeit hofft er, dass der internationale Druck auf Birma wachse. Und hat einen Traum: "Wir wollen mit DVB die Basis für den ersten Public-Service-Sender des Landes gelegt haben" - für den Fall, dass Birma eine Demokratie wird.

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