Rugby-WM: Die Südhalbkugel räumt ab

Rugby-WM geht in die Viertelfinale. Gastgeber Frankreich und Weltmeister England kommen mit Ach und Krach weiter, Neuseeland spielt überirdisch.

Die "Pazifikbrummer" aus Tonga Bild: dpa

Die Rugby-Weltmeisterschaft kommt in die heiße Phase. Dieses Wochenende liefen die letzten Spiele der Vorrunde beim drittgrößten Sportereignis der Welt (hinter Olympia und der Fußball-WM der Männer). Die großen und reichen Nationen der Nordhalbkugel haben völlig versagt: Ratlos standen sie den heute üblichen Verteidigungen aus muskelbepackten Konditionswundern gegenüber und fanden kaum einen Weg hindurch.

Gespielt wurde in vier Gruppen à fünf Mannschaften. Nur die ersten beiden kommen ins Viertelfinale. Ein gewonnenes Spiel bringt vier Punkte, für ein Unentschieden zwei.

Um taktisches Herumhampeln zu vermeiden, gibt es Bonuspunkte: Wer mehr als vier Versuche erzielt, erhält einen Punkt. Und wer mit einer Differenz von sieben Punkten oder weniger verliert, bekommt auch einen. Ein Versuch beim Rugby bedeutet, dass der Ball durch die gegnerische Verteidigung hindurch hinter die Torlinie gebracht und dort kontrolliert abgelegt werden muss.

Die Viertelfinalbegegnungen werden teilweise von DSF im deutschen Fernsehen übertragen: am 6. Oktober um 14.55 Uhr Australien-England, am 7. Oktober 14.55 Uhr Südafrika-Fidschi. Über Kabel bringt das französische TV5 Vieles – außerdem natürlich jeder Irish-Pub mit britischer Besatzung.

So musste der amtierende Weltmeister England – mit über 700.000 aktiven Spielern das größte Rugbyland der Erde – gegen die Pazifikbrummer aus Tonga (nur 10.000 registrierte Rugger) das Letzte geben, um doch noch als Gruppenzweiter ins Viertelfinale einzuziehen. Wales und Irland sind ausgeschieden, Schottland nur mit Dussel in einer schwachen Gruppe Zweiter. Schon in der zweijährigen Vorbereitungsphase waren viele Nord-Trainer durch panisches Herumprobieren mit immer neuen Spielmacherkombinationen aufgefallen. Australien, Südafrika und Neuseeland hingegen hatten jeweils eigene Taktiken ausgeknobelt, um Löcher in die gegnerischen Deckungen zu reißen. Im Gegensatz zu ihren Kollegen aus der nördlichen Hemisphäre zogen ihre erfahrenen Spielmacher die Spielzüge auch unter großem Druck ungerührt durch.

Besonders bitter trifft es den Gastgeber: Frankreich verlor gleich das Eröffnungsspiel gegen die „Pumas“ aus Argentinien. Und das zu Recht. Die Argentinier hatten das Spiel der „Blauen“ sauber analysiert und die Franzosen mit immer neuen hohen Kicks hinter die Verteidigungslinien völlig durcheinander gebracht. Das Traumpaar der Argentinier, Augustin Pichot und Juan Martin Hernandez, nutzten die Bälle ihrer kompromisslosen großen Männer in jedem Spiel konsequent. Argentinien ist überzeugender Gruppensieger, obwohl die armen argentinischen Clubs die guten Spieler ziehen lassen müssen und praktisch die komplette Nationalmannschaft bei britischen und französischen Vereinen ihr Geld verdient.

Frankreich hingegen findet sich als Gruppenzweiter im Pool D wieder. Das bedeutet, ihre Viertelfinalbegegnung wird kommenden Samstag nicht im Pariser Stade de France angepfiffen, sondern im walisischen Cardiff. Denn damit die Waliser beim Kampf um die Austragung der WM für Frankreich stimmen, hatten die französischen Funktionäre ein paar Partien nach Wales vergeben.

Und noch schlimmer für die Franzosen: Statt wie geplant im Finale am 20. Oktober steht der Gastgeber nun schon kommende Woche dem Favoriten gegenüber, Neuseeland. Das wegen seiner schwarzen Kleidung All Blacks genannte 15er-Team aus Maoris und Weißen von den südlichen Inseln beherrschten ihre Gegner bisher geradezu spielerisch. Sie waren derart überlegen, dass den Fans auf der anderen Seite des Rheins nur der Griff in die Geschichte bleibt. Immerhin hatten die Franzosen in einer vergleichbaren Situation 1999 die All Blacks im Halbfinale besiegt. Es war eines der größten Rugbyspiele aller Zeiten.

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