G8-Tornados: SPD attackiert Jung als "gaga"

Die Kritik am Tornado-Einsatz zur Aufklärung der Lager von G8-Gegnern wächst: Nun hat auch die SPD Minister Jung Unverhältnismäßigkeit vorgeworfen.

Unter Beschuss: Verteidigungsminister Jung Bild: AP

BERLIN (taz/AP) Verteidigungsminister Franz Josef Jung (CDU) gerät wegen des Einsatzes von Tornado-Flugzeugen zur Aufklärung der Lager von Globalisierungsgegnern während des G-8-Gipfels zunehmend unter Druck. "Das kritisiere ich als extrem unklug, als unsensibel", sagte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz am Mittwoch dem Nachrichtensender N24. Der SPD-Bundestagsabgeordnete Niels Annen sagte, er habe den Eindruck, es gebe weiterhin das Ziel, die Trennung zwischen Polizei und Bundeswehr im Innern aufzuheben.

Bereits am Dienstag hatte der Grünen-Abgeordnete Hans-Christian Ströbele den Einsatz als verfassungswidrig kritisiert. Diesen Vorwurf wies Wiefelspütz zurück. Ungeachtet aller politischen Kritik seien die Tornadoflüge vom Grundgesetz gedeckt gewesen, da sie sich im Rahmen der zulässigen Amtshilfe der Bundeswehr für die Polizei bewegt hätten. Trotzdem missbilligte Wiefelspütz den Einsatz mit deutlichen Worten: "Ein Militärflugzeug, ein Tornadoflugzeug gegen Demonstranten einzusetzen - wie kommt man denn auf so 'ne Idee? Das ist politisch dermaßen gaga."

Wiefelspütz betonte, eigentlich könnten Polizeihubschrauber die Arbeit leisten. "Wieso denn da noch Tornados?", fragte er und antwortete selbst: "Es sei denn, man will mal austesten, was die Öffentlichkeit so alles zu ertragen bereit ist, oder was der Koalitionspartner gerade noch so mitzumachen bereit ist." Es habe für ihn fast einen provozierenden Charakter. Personelle Konsequenzen lehnte Wiefelspütz jedoch ab. Er finde, die öffentliche Debatte sollte die Konsequenz haben, dass der Verteidigungsminister, egal, wer das sei, "so etwas nicht noch mal anordnet".

Annen sagte in N24, die Aktion sei politisch unklug gewesen. "Die Demonstranten sind schließlich keine Taliban." Grünen-Fraktionsvize Ströbele sagte demselben Sender: "Das ist für mich die vorweggenommene Praxis von Bundeswehreinsätzen im Inland, wie sie Herr Bundesinnenminister Schäuble offenbar plant."

Jung selbst sagte im Fernsehsender n-tv, er halte sowohl die Bitte des Innenministeriums um Amtshilfe für angemessen wie auch den UUmstand,dass er sie erfüllt habe. Es habe ein hohes Sicherheitsrisiko gegeben. Zuvor hatte das Verteidigungsministerium eingeräumt, dass das Camp Reddelich bei Heiligendamm, in dem rund 5.000 Demonstranten untergebracht waren, von einem Tornado in einer Höhe von 150 Metern überflogen worden sei.

In dem Antwortschreiben des Verteidigungsministeriums auf eine Anfrage Ströbeles hieß es, im Rahmen der technischen Amtshilfe sei Bildmaterial vom Gelände vor und nach der Errichtung des Camps an den Organisationsstab des G-8-Gipfels des Landes Mecklenburg-Vorpommern geliefert worden. Die minimale und zulässige Flughöhe habe rund 150 Meter betragen.

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