Kinder-Studie: Umwelt und Eltern machen krank

Kinder leiden unter Umweltgiften. Wie stark, hängt von Wohnort und Status der Eltern ab - Doch nicht nur Kinder aus ärmeren Familien sind betroffen.

Wenn sie Glück haben, sind nicht allzu viele Pestizide drin Bild: dpa

BERLIN taz Umweltgifte können schon seit Jahren verboten sein, sie belasten auch heute noch Kinder. Das hat das Umweltbundesamt (UBA) in einer neuen Untersuchung nachgewiesen. Giftstoffe wie DDT und PCB, die in Deutschland bereits seit rund 20 Jahren nicht mehr verwendet werden, seien noch immer allgegenwärtig, erklärte UBA-Präsident Andreas Troge am Dienstag. Seine Mitarbeiter haben Blut und Urin von 1790 Kindern im Alter von 3 bis 14 Jahren getestet. Spuren der Chemikalien fanden sich bei allen. Die Diagnose sei ein starkes Argument dafür, vorsorglich zu handeln, sagte Troge, denn "der Bremsweg ist kolossal lang".

Bei vielen Umweltgiften fanden die Wissenschaftler einen Zusammenhang zum Sozialstatus. Kinder aus ärmeren Haushalten hatten zum Beispiel signifikant höhere Bleiwerte. Grund laut Troge: Menschen mit niedrigeren Einkommen leben häufiger in preiswerteren Wohngegenden, etwa an stark befahrenen Durchgangsstraßen mit hoher Abgasbelastung. Umweltminister Sigmar Gabriel (SPD) forderte darum vermehrte Anstrengungen in Verkehrsplanung und Stadtumbau.

Die Wohngegend wirke sich auch auf die Lärmbelastung aus, die für Stoffwechselstörungen, Bluthochdruck und Herzkrankheiten verantwortlich sei, sagte Troge. 6 Prozent der Kinder fühlten sich laut der repräsentativen Studie von Straßen- und Fluglärm gestört, 14 Prozent wiesen leichte und 3 Prozent schwere Hörschäden auf. Schuld sei jedoch nicht nur der Umgebungslärm. Auch MP3-Player und Diskotheken machten schwerhörig.

Ebenfalls signifikant höher belastet sind Kinder mit niedrigem Sozialstatus durch Gifte aus Zigaretten. Insgesamt wachse die Hälfte aller Kinder in Haushalten auf, in denen mindestens ein Elternteil raucht. Das Passivrauchen hat nicht nur häufigere Infektionen zur Folge, sondern auch eine höhere Konzentration von krebserregenden Stoffen im Blut. Bei Benzol werde die Konzentration so weit überschritten, dass die EU-Kommission das für gesundheitlich bedenklich hält. Forderungen nach einem Rauchverbot in Privaträumen erteilte Troge allerdings eine Absage. "Weil das ohnehin nicht zu kontrollieren ist, setzen wir vor allem auf stärkere Aufklärung."

Doch auch Kinder aus sozial besser gestellten Haushalten leiden unter Umweltgiften - in manchen Fällen sogar besonders stark. So zeigte die UBA-Studie, dass Lösungsmittel oder Pflanzenschutzmittel eher bei Kindern aus oberen sozialen Schichten finden, was etwa am verstärkten Konsum pestizidbelasteter Fruchtsäfte liegen könne. Troge: "Umweltbelastung ist ein Problem aller Kinder."

Während Schwermetalle und Holzschutzmittel aufgrund strikter Gesetze seltener gefunden wurden, treten neue Probleme auf. Auffällig sei die Zunahme von Allergien gegen Innenraumschimmel; acht Prozent der Kinder reagierten darauf. Durch bessere Wärmedämmung in Häusern könne sich Schimmelbildung verstärken, warnte Troge. Das lasse sich durch regelmäßiges Lüften verhindern.

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