Netzmusik ohne Kopierschutz: Amazon startet MP3-Downloads

Der E-Commerce-Riese Amazon setzt seinen CD-Vertrieb-Konkurrenten von iTunes und Co ein besonders nutzerfreundliches Download-Angebot entgegen - es ist kopierschutzfrei.

Virtuelle Musikdownloads ohne Kopierschutz - Amazon setzt auf Kundenfreundlichkeit. Bild: dpa

Jahrelang schien es so, als würde die Musikindustrie ihre Kundschaft als Feind betrachten: Songs und Alben wurden mit knallharten Kopierschutzmaßnahmen versehen, weil man den Käufern unterstellte, sie planten nach dem Kauf die illegale Weitergabe über das Internet. Geholfen hat diese Politik wenig: Das Kopieren wurde nicht weniger, stattdessen sank der Umsatz Jahr für Jahr zweistellig. Hinzu kam ein großer Imageverlust - die Kunden fühlten sich verfolgt und missachtet.

Doch der Trend kehrt sich derzeit um: Scheinbar geläutert, schwenken selbst große Labels wie EMI und Universal Music auf eine kundenfreundlichere Linie um. Jüngstes Beispiel ist ein neuer Download-Dienst, den der E-Commerce-Anbieter Amazon.com in dieser Woche startete. Größte Neuerung: Anstatt die Kunden mit Kopierschutzmaßnahmen zu gängeln, sie etwa zu zwingen, nur bestimmte Programme oder Musikspieler zum Anhören gekaufter Songs zu verwenden, wird hier das ungeschützte MP3-Format eingesetzt.

Im Angebot hat Amazon derzeit insgesamt zwei Millionen Titel. Neben den "Majors" EMI und Universal sind auch noch rund 20.000 unabhängige Anbieter vertreten. Der Einkauf der digitalen Waren ist herzlich einfach: Man sucht sich die gewünschten Songs aus, kann sie direkt im Browser mit Hilfe der Flash-Technik vorhören und auf Knopfdruck nach Eingabe der Kreditkartendaten herunterladen. Eine einfach gestaltete Software ist nur dann notwendig, wenn man ganze Alben herunterladen möchte - dieser "Downloader" liegt für Windows und Macintosh-Rechner kostenlos vor. Die gekauften Songs landen in beiden Fällen als ganz normale MP3-Dateien auf der Festplatte. Die Abspielqualität ist gut: Die Dateien sind mit 256 Kilobit komprimiert, was sie zwar etwas größer, aber klanglich besser als bei manchen Konkurrenten macht.

Dank der Nutzung des MP3-Formates lassen sich am PC nahezu alle beliebigen Abspielprogramme verwenden. Das breit unterstützte Format spielt außerdem nahezu jeder Hardware-Musikspieler ab - auch Apples populärer iPod. Auf diese Zielgruppe dürfte es Amazon auch abgesehen haben: Bislang beherrscht dessen Hersteller Apple mit seinem iTunes Music Store den Markt mit den Musikdownloads. Amazon musste sich von Apple gar beim CD-Verkauf überholen lassen - seit diesem Sommer ist iTunes in den USA hinter den Ketten Wal-Mart und Best Buy drittgrößter Verkäufer von Musik, egal ob online oder auf physischen Medien.

Aggressiv geht Amazon daher auch bei der Preisgestaltung vor: Während Apple einheitlich 99 US-Cent pro Song und 9,99 Dollar pro Album verlangt, geht es bei Amazon bereits bei 89 Cent beziehungsweise 5,99 Dollar los (vor allem Katalogtitel). Apple bietet diese Preise allerdings nur für kopiergeschützte Titel an, die standardmäßig nur unter iTunes oder auf dem iPod laufen; kopierschutzfreie Titel mit höherer Qualität, die seit einigen Monaten eingeschränkt angeboten werden, muss man mit 1,29 US-Dollar deutlich teurer bezahlen. Zudem bieten derzeit nur einige Independent-Label und der Major EMI kopierschutzfreie Musik bei iTunes an. Amazon konnte auch das größte Label der Welt, Universal Music, gewinnen, das in den letzten Wochen zunehmend über die marktbeherrschende Stellung Apples geklagt hatte.

Ersten Expertenreaktionen zufolge hat Amazon mit seinem MP3 Store tatsächlich eine Chance, dem Marktführer Apple Anteile abzunehmen. Hauptgrund ist die einfache Bedienbarkeit und das Fehlen des Kopierschutzes, das die Nutzung deutlich vereinfacht. Aber auch die Preise spielen eine Rolle. John Gruber, langjähriger Apple-Marktbeobachter und Betreiber des viel gelesenen Weblogs "Daring Fireball", sieht in dem Angebot den ersten konkurrierenden Musikladen zu iTunes, der Apple tatsächlich Sorgen bereiten konnte. "Wir haben es hier mit einem hohen "Das funktioniert einfach"-Faktor zu tun." Amazon sei der bislang größte und beste Rivale für den iTunes Store. Es sei "kein Zufall" dass der Kopierschutz vollständig weggelassen werde.

Einige der bei Amazon verkauften Songs enthalten Wasserzeichen, um die Songs zum Händler Amazon zuordnen zu können, sollten sie in Tauschbörsen landen; im Gegensatz zu Apple, wo in jedem gekauften kopierschutzfreien Song die eigene E-Mail-Adresse steckt, sollen diese Wasserzeichen jedoch keine persönlichen Daten enthalten.

Am Amazon MP3 Store interessierte Kunden in Deutschland müssen sich zunächst gedulden: Das Angebot ist offiziell nur in den USA verfügbar. Der Anbieter hat bislang nur die notwendigen Rechte für seinen Heimatmarkt erworben.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.