Rechtsextremismus: NPD läuft ins Leere

Die Bilanz der rechtsextremen Partei in den Bezirksparlamenten ist niederschmetternd - das gibt NPD-Chef Voigt auf einer Infoveranstaltung selbst zu. Die demokratischen Parteien sehen sich bestätigt in ihrer Taktik, die Rechten auszugrenzen

Auf der Straße mag die NPD noch eine Bühne für ihre rechtsextreme Propaganda haben, in den Bezirksparlamenten haben sie sie nicht. Bild: Reuters

Rechtsextremisten sind in insgesamt fünf Berliner Bezirksverordnetenversammlungen (BVV) vertreten. Über drei Mandate verfügt die NPD in Marzahn-Hellersdorf und in Lichtenberg. In beiden Bezirken verbuchte sie bei den letzten Kommunalwahlen sechs Prozent und mehr. Der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt hat gemeinsam mit zwei Anhängern Sitz und Stimme im Bezirksparlament von Treptow-Köpenick, wo die Partei 5,3 Prozent errang. In Neukölln stimmten vor anderthalb Jahren 3,9 Prozent für die NPD und verhalf ihr zu zwei Mandaten. Die ebenfalls rechtsextreme Partei "Republikaner" schaffte es bei der letzten Kommunalwahl mit einem Sitz ins Bezirksparlament von Pankow. Dort übersprang sie mit 3,1 Prozent ganz knapp die 3-Prozent-Hürde. FLEE

Die NPD kriegt in der Kommunalpolitik nichts auf die Reihe - und gibt das inzwischen selbst zu. "Eine konstruktive Mitarbeit der NPD in den Bezirksverordnetenversammlungen kommt nicht vor", sagte der NPD-Bundesvorsitzende Udo Voigt am Montagabend bei einer Veranstaltung seiner Partei im Lichtenberger Rathaus.

Inzwischen sei es Usus in den Bezirksparlamenten, dass ein einziger Sprecher für alle Fraktionen auf von NPD-Abgeordneten eingebrachte Anträge antworte. Anschließend werde der Antrag dann geschlossen abgelehnt. "So ziemlich alle Parteien und Organisationen in Deutschland haben sich gegen die NPD verschworen", jammerte Voigt bei seiner knapp einstündigen Rede im Rathaus. Der Parteiabend war eigentlich als "Informationsveranstaltung" für interessierte Bürger angekündigt worden. Die NPD sitzt mit drei Abgeordneten in der Lichtenberger Bezirksverordnetenversammlung (BVV) und hat deswegen Anspruch auf öffentliche Räume.

Es war ein ungemütliches Publikum, das sich da im Sitzungssaal im ersten Stock des neogotischen Backsteingebäudes versammelt hatte. Man kannte sich offenbar, der Reporter wurde erst nach Nennung seines Namens eingelassen. Die letzten Stuhlreihen voll finster dreinblickender junger Männer mit Bomberjacken und Kurzhaarschnitten zeugten von der Nähe der NPD zur Kameradschaftsszene. Weiter vorne saß ein Greis mit krummem Rücken, der die herzlichen Begrüßungen der jüngeren Kader sichtlich genoss. Frauen waren unter den 80 Anwesenden kaum vertreten.

Die deutsche Tugend Pünktlichkeit ignorierend, begann Voigt mit Verspätung seinen Sermon, Deutschland-, NPD- und Reichskriegsflagge im Rücken. Da es so wenig Erbauliches aus den Bezirken zu berichten gab, griff er rasch in die Mottenkiste des Rechtsextremismus: Man stelle sich vor, was los wäre, hätten die deutschen Behörden im Dritten Reich Geld für Judenskalps bezahlt, so wie die Amerikaner damals für die Skalps von Indianern. Gelächter im Saal, jemand ruft: "Jawoll!" Voigt grinste süffisant in die Runde. Der NPD-Chef wurde noch etwas deutlicher: "Die Amerikaner sind die größten Kriegsverbrecher aller Zeiten." Korrupten Politikern will er nach der herbeifantasierten Machtübernahme "die Chance geben, den angerichteten Schaden durch eigene Arbeit gutzumachen". Diese Ankündigung wurde mit Klatschen quittiert; jeder verstand, worauf Voigt anspielte.

Traurige Gestalten waren es, die auf den malvenfarbenen Sitzen lümmelten, in den Gesichtern spiegelten sich Unzufriedenheit und Zukunftsangst. Die meisten Besucher entsprachen dem Klischee von Neo- und Altnazis. Zunächst eher verhalten, tauten sie im Verlauf der Versammlung auf, sodass Voigt bald nicht mehr auffordernd in die Gesichter blicken musste, wenn er Applaus erwartete.

Nach all der Propaganda hatte der Parteichef jedoch auch einen kleinen politischen Erfolg zu verkünden. Die Linke in Treptow-Köpenick habe einen Uferweg nach der Antifaschistin Ruth Werner benennen wollen, die SPD jedoch nur für eine Infotafel an ihrem Wohnhaus plädiert. Nachdem die NPD je mit der einen Partei gegen den Antrag der anderen gestimmt habe, gebe es nun weder einen Ruth-Werner-Weg noch eine Tafel. Das Publikum ist entzückt. Man könnte Voigts diebische Freude über diesen recht nichtigen Vorfall belächeln, würde er nicht aufzeigen, wo die NPD eben doch Ansätze zur Spaltung findet.

Das wollen die anderen Parteien so nicht stehen lassen. "Das Vorgehen der demokratischen Parteien gegen die NPD hat sich inzwischen sehr gut eingependelt", sagte Erik Gührs, SPD-Fraktionsvize in der Lichtenberger BVV, am Dienstag der taz. Bisher habe kein NPD-Antrag mehr als ihre eigenen drei Stimmen bekommen - ein einzelner SPD-Antrag sei allerdings nur dank der NPD-Stimmen durchgegangen, wie Gührs einräumt. Der Möglichkeit, allen Parteien die Nutzung öffentlicher Räume für Fraktionsveranstaltungen zu untersagen und so die NPD aus dem Rathaus rauszuhalten, erteilte Gührs eine Absage.

Auch Peter Fischer, Geschäftsführer der Linken in der Lichtenberger BVV, hält nichts von dieser Option: "Das wäre die Kapitulation vor den nichtdemokratischen Kräften." Man könne zwar versuchen, schneller zu sein und die Räume selbst zu besetzen, doch das sei faktisch nicht zu schaffen. Auch wenn die Taktik der Fraktionen sich bewährt habe, fällt Fischer noch etwas Besseres ein: "Die Ideallösung wäre, man würde das NPD-Verbot wieder auf den Weg bringen."

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