Feierliche Momente

Von Mensch zu Mensch

So viel Technik überall. In den überfüllten Cafés sitzen Journalisten und Kameraleute um ihr Kabelgewirr auf den Tischen herum, Akkutaschen lehnen an Stuhlbeinen, Minicomputer und Bildschirme lagern auf den Bänken. Auf der Berlinale sieht man die neuesten Mobiltelefone, Headsets und Aufnahmegeräte, manche Menschen tragen sogar körpernahe Freisprechanlagen.

Bei den Pressevorführungen tippen sie bis zur letzten Sekunde gehetzt in ihre Notebooks, während man selbst nur ein bisschen in der Zeitung blättert und sich für den feierlichsten, melancholischsten Moment bereit macht. Das ist der Moment kurz nachdem das Publikum begrüßt und eine gute Projektion gewünscht wird, der Moment, wenn das Saallicht ausgeht, wenn noch schnell die Sponsoren eingeblendet werden und sich zu der sphärisch-wabernden Ambientmelodie unscharfe Lichtsilhouetten zu einer goldenen Kugel, dann zu güldenem Sternenregen, dann wiederum zu kleinen Bärchen formieren.

Abends dann, nach den koreanischen und japanischen Filmen, kommen Regisseur und Übersetzerin nach vorn, und es passiert etwas ganz wohltuend Anachronistisches. Ein Mensch spricht in einer fremden Sprache, ein anderer, der dieser Sprache, aber auch des Englischen mächtig ist, hört aufmerksam zu und übersetzt das Gehörte. Verrückt! So einfach geht das – von Mensch zu Mensch, ohne Strom, Netz, W-Lan und so weiter.

CHRISTIANE RÖSINGER