Das hybride Medium

Die zukunftsweisende „Huffington Post“ ist der meistverlinkte politische Blog. Gründerin Arianna Huffington aber gilt auch als „Räuberbaronin“

VON NIKLAS HOFMANN

Auf den Vergleich mit dem Terminator ist Arianna Huffington selbst mal verfallen. T-101, der Kampfroboter aus der Zukunft, sei eigentlich wie ein Online-Medium. Und Sarah Connor, das verängstigte Mädchen aus den Schwarzenegger-Filmen, sei der Print-Journalismus. Erst sehe es so aus, als wolle der Terminator das Mädchen töten. Doch dann entpuppe er sich als ihr Retter. „Heute“, schreibt Huffington, „kann man hören, wie das digitale Medium (das aus irgendeinem Grund einen starken österreichischen Akzent hat) zum Printmedium sagt: ,Wenn du leben willst, komm mit mir!‘“

Spräche der Terminator in Huffingtons kleiner Parabel mit einem griechischen Akzent, so wie die gebürtige Athenerin selbst, es würde ihre Botschaft noch abrunden. Denn dass ihre Internetseite „The Huffington Post“ zukunftsweisend sei, daran lässt die 57-jährige Bloggerin, Kolumnistin, TV-Kommentatorin, Politaktivistin, Millionärin und Society-Lady keinen Zweifel. Eine „journalistische Hybride“, nennt sie die Huffington Post, die „die besten Seiten einer traditionellen gedruckten Zeitung mit dem Besten, was das Netz zu bieten hat“, vereine. Die HuffPo verlinkt Nachrichten anderer Medien, wobei die Anti-Bush- und Anti-Irakkriegs-Positionen der Herausgeberin die Agenda prägen. Hinzu kommen eigene Geschichten aus Politik, Wirtschaft, Entertainment. Vor allem aber versammelt die Huffington Post 1.800 Blogs, darunter die von Stars wie Alec Baldwin oder Jamie Lee Curtis – und natürlich der von Huffington selbst.

Die HuffPo wurde bespöttelt und giftig attackiert, als sie im Mai 2005 online ging. Dass die schillernde Arianna Huffington – in den 90ern spektakulär von einem Ölmillionär und republikanischen Kongressabgeordneten geschieden –, dass ausgerechnet diese Frau, die vor nicht mal zehn Jahren auch selbst noch eine stramme Republikanerin war, mit dem Ziel antrat, ihre Freunde aus dem liberalen Ost- und Westküstenestablishment zum Bloggen zu bringen, führte zu Abwehrreflexen. Sie gebe nur Menschen eine Stimme, die eh ständig zu Wort kämen, wurde sie kritisiert. Inzwischen ist die HuffPo zum meistverlinkten politischen Blog des Internets geworden. Huffington hat es geschafft, einen linken Gegenpol zu konservativen Webseiten wie dem Drudge Report zu etablieren. Time zählte sie darum 2006 zu den 100 einflussreichsten Personen der Welt.

Huffingtons Begeisterung, Ernsthaftigkeit und Experimentierfreude zahlen sich aus. „Bürgerjournalismus“ ist eines ihrer liebsten Schlagworte. Sie arbeitet daran, das publizistische Gewicht der HuffPo auszubauen. Dabei profitiert sie von der in den USA mittlerweile großen Durchlässigkeit zwischen klassischen Medien und dem Online-Bereich. Ein Reporter wie Thomas Edsall, der 25 Jahre bei der Washington Post war, ist nun politischer Redakteur der HuffPo. Und im Oktober verließ Betsy Morgan eine gut bezahlte Stelle als General Manager von CBSNews.com, um die Geschäfte der HuffPo zu führen. Mehr als 40 Personen arbeiten Vollzeit für das Unternehmen, das ab 2008 Profite aus dem Anzeigenverkauf abwerfen soll.

Wie Arianna Huffington diese Gewinne erwirtschaften will, wirft aber auch Fragen auf. Zwar gibt die HuffPo den derzeit streikenden Hollywood-Autoren viel Raum für ihre Klagen über die knausrigen Studiobosse, aber gleichzeitig werden die vielen Blogger, die die Basis für den Erfolg bilden, nicht bezahlt. „Das ist nicht unser Finanzmodell“, hat HuffPo-Mitgründer Kenneth Lerer, einst Spitzenmanager bei AOL Time Warner, entwaffnend offen bekannt.

Macht das Arianna Huffington zur „Räuberbaronin“, wie der Autor Gary Dretzka meint? Oder brauchen die HuffPo-Blogger kein Geld, weil sie woanders gut verdienen, wie der Journalist Blake Fleetwood kontert? Welche Regeln gelten in den hybriden Medien der Zukunft? Vorerst stellt Huffington eine Lösung nach Dinner-Party-Art in Aussicht: Eine Spende an eine Wohltätigkeitsorganisation nach Wahl des Bloggers, das könne sie sich eines Tages wohl vorstellen.