Presserat hat Bildblog lieb

Trotz des Drucks von „Bild“ und Konsorten will sich die Print-Selbstkontrolle Presserat auch weiterhin mit den Beschwerden der „Bild“-Kritiker befassen. Es sei denn, sie seien wirklich „missbräuchlich“

VON STEFFEN GRIMBERG

Der Deutsche Presserat hat nicht vor Springer gekuscht und wird sich auch weiterhin mit Beschwerden von Bildblog.de befassen: „Die Regeln bleiben so, wie sie sind“, sagte der gestern frisch gewählte Sprecher des Selbstkontrollorgans der deutschen Zeitungen und Zeitschriften, der dpa-Redakteur Manfred Protze, der taz. Man habe die drei noch offenen Bildblog-Eingaben geprüft. „Dabei gab es keine Anhaltspunkte, dass es sich um missbräuchliche Beschwerden handelt“, so Protze.

Beim Presserat kann sich jeder über Verstöße gegen den Pressekodex, die selbst auferlegten Spielregeln der Printmedien, beschweren. Springer hatte argumentiert, Bildblog betreibe die Beschwerdeführung quasi professionell und missbrauche so den Presserat. Der Verlag, dessen Bild seit Jahren das Ranking der Presseratsrügen anführt, hatte verlangt, Bildblog-Beschwerden nicht mehr anzunehmen.

Wer allerdings eine starke Ansage des Presserats in Richtung Springer erwartet hatte, sah sich getäuscht. Es herrsche „Meinungsfreiheit“, so Protze, von der auch „Springer Gebrauch“ mache. Zudem sei „Kritik ja auch ein Zeichen von Wertschätzung“.

Bei Bildblog nannte man die Presseratsentscheidung „erfreulich“. Allerdings bleibe der Eindruck, dass es eher um eine „Sache zwischen Bild und Presserat“ als um Bildblog gehe, so Bildblogger Christoph Schultheis.

Da dürfte was dran sein: „Schlafe ruhig, Deutscher Presserat!“, höhnte Bild-Mann Nicolaus Fest erst letzte Woche auf bild.de und beschwerte sich darüber, dass die „ Hetzkampagnen türkischer Medien nach dem Brand von Ludwigshafen“ vom Presserat ungeahndet blieben. „Wenn es um angebliche Schleichwerbung geht oder um den Persönlichkeitsschutz krimineller islamistischer Exkommandanten wie Khaled El Masri“, sei „dem Presserat die öffentliche Selbstdarstellung“ dagegen „ein hohes Anliegen“, so Fest – in beiden Fällen hatte Bild Rügen kassiert.

Doch auch die Wahrnehmung von Bildblog hat sich bei Springer geändert: War dort anfangs gerne mit ungespielter Herablassung vom „Hobby-Blog“ die Rede, wirkt man heute eher angestrengt locker: Springer-Vorstand Andreas Wiele nennt Bildblog dann ein „Thema, das sich an ein paar obskure Online-Blogger wendet“, und floskelt von „viel Feind, viel Ehr’ “. Das könnte auch vom Presserat sein.

„Wir brauchen die härteste Blattkritik Europas“, heißt es im gestern bei Springer präsentierten Bild-Feelgood-Filmchen für mehr Leserfreundlichkeit. Da ist was dran. Und Bildblog ist dabei ja schon etwas behilflich.