Streit um Schulleistungstest: CDU spielt die beleidigte Pisa-Wurst

Die Kultusminister der Union wollen nicht nur Pisa-Koordinator Schleicher loswerden. Am liebsten würden sie ganz aus dem Test aussteigen. Denn der CDU passen die Ergebnisse nicht.

Mission erfüllt: Pisa hat den Bedarf an Reformen klargemacht. "Nun wissen wir, was zu tun ist", so Niedersachsens Kultusminister Bernd Busemann (CDU). Bild: dpa

Den Kultusministern der Union passt der ganze Pisa-Zirkus nicht mehr. Mit Bernd Busemann (CDU), einem ihrer konservativen Einpeitscher, hat sich nun der erste Minister dafür ausgesprochen, aus dem internationalen Schulleistungstest Pisa auszusteigen. Ein nationales Vergleichssystem befinde sich bereits im Aufbau. Pisa hätte eine wichtige Aufgabe erfüllt, indem es den Bedarf an Bildungsreformen klargemacht hätte. "Aber jetzt wissen wir alle, was zu tun ist", sagte der CDU-Politiker.

Die Kultusminister der Union waren empört, weil der Chef von Pisa International, Andreas Schleicher, am Donnerstag allen Medien Informationen zu Pisa zugänglich gemacht hatte, die in Spanien vorab veröffentlicht waren. Nach taz-Informationen war die Vorabveröffentlichung des Pisa-Rankings 2006, das offiziell erst am Dienstag erscheint, allerdings keine Entscheidung Schleichers, sondern des Generalsekretärs Angel Gurría.

Kultusminister Busemann möchte mit Schleicher nichts mehr zu tun haben. Und tatsächlich gibt es bereits eine nationale Testagentur, das Institut zur Qualitätsentwickung im Bildungswesen (IQB). Dessen Chef, Olaf Köller, ist zwar ein reputierter Wissenschaftler, doch mit seiner Forschungsfreiheit ist es nicht gut bestellt - denn er ist von den Weisungen der Kultusministerkonferenz abhängig. Köllers Institut soll mittelfristig für eine Art nationalen Pisatest fit gemacht werden.

Köller hätte aus der Sicht der Kultusminister einen unschlagbaren Vorteil: Er fällt nicht auf. Seit zwei Jahren steht Köller an der Spitze des IQB, aber eine kritische Analyse des Bildungssystems hat er bisher nicht geleistet. Schleicher hingegen weist immer wieder darauf hin, dass das deutsche Bildungssystem ungerecht und nicht in der Lage ist, genug Qualifizierte für Deutschland bereitzustellen.

Noch gilt Bernd Busemann als Einzelkämpfer unter den Kultusministern. Allerdings gehen die schon auf Distanz zur OECD und ihren Pisastudien. In der Vorbereitungsgruppe für Pisa 2009 sitzen schon keine Deutschen mehr. Aus der KMK war zu hören, es gebe einen Beschluss zum nationalen Bildungsmonitoring, der solche Sonderuntersuchungen nicht mehr vorsehe. Pisa-Koordinator Schleicher hat unterdessen die Kritik von Unionspolitikern an seiner Person zurückgewiesen. Der OECD-Experte erklärte am Freitag: "Das ist doch eine absurde Posse."

Die CDU/CSU-Bildungsminister hatten Schleicher vorgeworfen, nach dem verfrühten Bekanntwerden der neuen Pisa-Studie am Mittwochabend zu den Ergebnissen Stellung genommen zu haben. Schleicher erklärte dazu: "Unser Generalsekretär hat der Öffentlichkeit lediglich die Daten zugänglich gemacht, die aus Spanien durchgesickert waren."

Das tue die OECD aus Gründen der Fairness gegenüber den Medien in derartigen Fällen immer. "Auch die Unterstellung seitens der KMK (Kultusministerkonferenz), die OECD hätte die Ergebnisse Deutschlands bewertet, entbehrt jeder sachlichen Grundlage."

Schleicher bekräftigte seine Einschätzung, dass die Ergebnisse der neuen Studie in wesentlichen Punkten nicht mit denen von 2003 zu vergleichen seien. Das hatte etwa der deutsche Pisa-Koordinator Manfred Prenzel bestritten.

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