Acht- bis Elfjährige befragt: Berufstätige kümmern sich besser

Eine Studie zeigt: Es schadet Kindern, wenn die Eltern zu Hause sind. 13 Prozent klagen über mangelnde Zuwendung - bei Arbeitslosen sind es ein Drittel.

Glücklicher wenn sie auch mal in Ruhe gelassen werden? Die neue Studie sagt's jedenfalls. Bild: dpa

Es ist eine Studie ganz neuer Machart und sie bringt ein für Eva Hermann und Bischof Mixa geradezu erschütterndes Ergebnis: Berufstätige Mütter sind in der Lage, ihren Kindern mehr Zuwendung zu geben als Mütter, die keiner Erwerbstätigkeit nachgehen. Das ist ein Ergebnis von Interviews mit 8- bis 11-jährigen Kindern, die bei der World Vision Kinderstudie erstmals repräsentativ über ihr Leben befragt wurden. Der taz liegen Auszüge der Studie vorab vor.

Die Interviewer des Meinungsforschungsinstitutes TNS Infratest fragten die Kinder, wie sie die Zuwendung ihrer Eltern beurteilen. Dabei gaben 13 Prozent an, dass keiner ihrer Elternteile Zeit für sie fände. Als die Sozialwissenschaftler sich genauer anschauten, wie es mit der elterlichen Zuwendung in verschiedenen Berufsgruppen aussieht, stießen sie auf folgende Werte: Ein Drittel der Kinder von Arbeitslosen fühlt sich vernachlässigt - das sind doppelt so viel wie bei Eltern, die berufstätig sind. Einer der beteiligten Forscher sagte der taz, Kinder profitierten offenbar mehr von der "täglichen halben Stunde, die sie zuverlässig bekommen", als von einer unstrukturierten, dauernden Anwesenheit.

Das Ergebnis kommt nur für Anhänger des alten Familienmodells völlig überraschend. Es reiht sich ein in Untersuchungen, die einen Bildungsnachteil Hausfrau identifiziert hatten. Dazu gehört eine Länderauswertung der Pisastudie, bei der herausgekommen war, dass die Kinder von berufstätigen Müttern eine bis zu viermal höhere Chance aufs Gymnasium haben als die Kinder von Hausfrauen.

Die neue Kinderstudie schließt eine Lücke bei der Erforschung der Lebenssituation: Bislang gab es keine repräsentativen Befragungen, in denen die Kinder selbst zu Wort kommen. Das ist nun geschehen, als die Interviewer Gespräche mit rund 1.600 Kindern führten - an denen die Eltern nur zeitweise teilnahmen. Die Studie dreht sich um alle Fragen, die Kinder berühren - von Schule über Freunde bis hin zum Medienkonsum. Die Forscher kommen dabei zu dem generellen Ergebnis, dass Kinder starke und eigene Persönlichkeiten ausbilden. "Wir waren beeindruckt", sagte ein beteiligter Wissenschaftler.

Die Studie weist erneut auf eine Gruppe von Eltern hin, die in riskanten Verhältnissen leben: Es sind alleinerziehende Mütter und Väter, die berufstätig sind. 35 Prozent ihrer Kinder geben an, dass ihre Eltern nicht genug Zeit für sie haben. Die Alleinerziehenden gelten als die benachteiligte "Familienform" schlechthin - ohne dass die Politik sich bislang besonders um sie gekümmert hätte. Dabei handelt es sich um keine Minderheit mehr. Ein Drittel der Ehen wird in Deutschland geschieden, in Großstädten liegt die Scheidungsrate noch höher.

Die Kinderstudie zeigt zudem ein uraltes Missverhältnis bei der Erziehung der Kinder auf. Die befragten Acht- bis Elfjährigen geben an, dass sich ihre Mütter mehr und intensiver um sie kümmerten als die Väter.

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