Votum für Matschie in Thüringen: SPD geht auf Distanz zur Linken

Christoph Matschie siegt bei der Urwahl des SPD-Spitzenkandidaten. Mit ihm gebe es Rot-Rot nur, wenn die SPD den Ministerpräsidenten stellt. Ramelow nennt ihn "Illusionist".

Von der Basis gewählt, von der Linken verspottet: Thüringens SPD-Chef Matschie. Bild: dpa

Mit einem deutlichen Ergebnis hat sich die Thüringer SPD bei einer Urwahl am Sonntag hinter ihren bisherigen Frontmann Christoph Matschie gestellt. 71,57 Prozent der abstimmenden Parteimitglieder votierten für den 46-Jährigen als Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2009. Herausforderer Richard Dewes, bis 1999 Innenminister und Parteivorsitzender in Thüringen, erhielt nur 26,98 Prozent der Stimmen. Beachtlich erscheint die hohe Beteiligung von 63,24 Prozent an einer Urwahl, die persönliche Anwesenheit in den Wahllokalen der Ortsverbände erforderte.

Damit haben die Thüringer Sozialdemokraten zugleich ihr künftiges Verhältnis zur Linken bestimmt. Offenbar unter dem Eindruck der Wahlergebnisse von Hessen und Hamburg erteilten sie der Linie von Dewes eine Absage. Der wollte eine mögliche rot-rote Koalition auch dann nicht ausschließen, wenn die Linke die größere Fraktion und damit den Ministerpräsidenten stellt. Deren Spitzenkandidat, Bodo Ramelow, vor seinem Weggang nach Berlin bereits Oppositionsführer im Landtag, wäre dann der erste linke Ministerpräsident eines Bundeslandes.

Matschie steht dagegen und würde nur als Ministerpräsident mit der Linken koalieren. "Die spannendste Frage darf nicht die nach einem linken Ministerpräsidenten sein, sondern die nach Althaus oder Matschie", rief er bei Rededuellen mit seinem Herausforderer in den 21 Kreisverbänden. Ministerpräsident Dieter Althaus regiert seit 2004 nur dank des knappen Scheiterns von Liberalen und Grünen mit dünner absoluter Mehrheit seiner CDU-Abgeordneten.

Zur Urabstimmung war es gekommen, nachdem Dewes überraschend im November des Vorjahres seine Bewerbung angekündigt hatte. Zu seinen prominenten Unterstützern zählten der Erfurter Oberbürgermeister Andreas Bausewein, der Parteivize Harald Zanker und eine Mehrheit des Parteivorstandes. Ein Jahr zuvor war Christoph Matschie noch mit fast 93 Prozent zum Parteivorsitzenden in Thüringen gewählt worden. Beide Kontrahenten betonten noch kurz vor der Abstimmung, die Partei nicht spalten zu wollen. "Die SPD hält zusammen. Alle haben dieses Ergebnis zu respektieren", sagte Matschie nach der Wahl. Die getrennten Versammlungsorte der beiden Lager am Wahlabend sprechen jedoch eine andere Sprache.

"Wir waren einfach nur unserer Zeit etwas voraus", zitiert die Thüringer Allgemeine einen Dewes-Anhänger. Ministerpräsident Dieter Althaus (CDU) erklärte, jetzt stehe wieder die inhaltliche Auseinandersetzung im Mittelpunkt. Bodo Ramelow, zurzeit noch Bundeswahlkampfleiter der Linken, nannte Matschie einen "Illusionisten", wenn er 2009 vor der Linken landen wolle. Im Jahr 2004 war die SPD auf 14,5 Prozent abgestürzt, die PDS erzielte 26,1 Prozent der Stimmen. "Jede Stimme für Matschie ist eine Stimme für Althaus", sagte Ramelow deshalb der taz. Man könne dann aber von keiner großen Koalition sprechen, sondern nur von einer, "die nach sächsischen Verhältnissen riecht". Das bedauere er. Auch Richard Dewes hatte davor gewarnt, als Juniorpartner der CDU unter deren "Diktat" zu geraten.

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