Kritig an Ermittlungsverfahren: Klage gegen Dessauer Polizeipräsidium

Das "Netzwerk gegen rechts" verklagt die Dessauer Polizei - die hatte im Namen von Rechtsextremen gegen einen Mitarbeiter des Netzwerks ermittelt.

Dessauer "Netzwerk gegen rechts" verklagt die Polizei. Bild: ap

BERLIN taz Der Untersuchungsausschuss des Landtages von Sachsen-Anhalt zur Dessauer Polizeiaffäre hat seine Arbeit längst nicht abgeschlossen - da blüht dem für seinen Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus berüchtigten Dessauer Polizeipräsidium neues Ungemach. Der Leiter der Dessauer Netzwerkstelle gegen rechts hat beim Landgericht Klage gegen die Behörde eingereicht.

Steffen Andersch fordert vom Polizeipräsidium 500 Euro Schmerzensgeld und die Erstattung seiner Anwaltskosten. Dies geht aus der Klageschrift hervor, die der taz vorliegt. Ein Sprecher des Landgerichts Dessau bestätigte am Dienstag den Eingang der Staatshaftungsklage.

Hintergrund des Falls ist ein Strafverfahren gegen Andersch, mit dem das Polizeipräsidium Schlagzeilen gemacht hatte. Die Staatsschutzabteilung der Behörde hatte monatelang im Namen von Rechtsextremen gegen den Mitarbeiter des Netzwerks ermittelt, das mit staatlicher Unterstützung arbeitet: wegen übler Nachrede und der Verletzung des Rechts am eigenen Bild. Andersch habe die Persönlichkeitsrechte der Rechtsextremen verletzt - weil er die Herren bei einer Informationsveranstaltung als Rechtsextreme titulierte und Fotos von ihnen zeigte. Erst die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren ein. Das Polizeipräsidium rang sich nach einer Dienstaufsichtsbeschwerde zu einer Entschuldigung durch. Die Erklärung: Ein "Praktikant" der Polizei habe "erste kriminalpolizeiliche Praxiserfahrungen" sammeln sollen und dabei Unfug verzapft. Die Behörde lehnte es aber ab, Anderschs Anwaltskosten zu tragen.

Das will der Leiter des Dessauer Büros gegen rechts nicht hinnehmen. Sein Anwalt Volker Gerloff wirft der Polizei eine Verletzung ihrer Amtspflicht vor. Schließlich handele es sich bei den Vorwürfen gegen Andersch um Antragsdelikte, denen die Polizei nur nach Anzeigen der Rechtsextremen hätte nachgehen dürfen. Stattdessen lud die Polizei die Rechtsextremen auf eigene Initiative als "Geschädigte" vor und brachte sie damit überhaupt erst auf die Idee, Andersch anzuzeigen. Die Ermittlungen seien zudem "einseitig" gewesen, moniert der Jurist. Das Polizeipräsidium habe sich nicht wie eine Ermittlungsbehörde, sondern "wie ein Rechtsbeistand" der Neonazis geriert.

Auch der Untersuchungsausschuss des Landtags will den Fall Andersch durchleuchten. Ein Termin steht noch nicht fest. Die 2. Zivilkammer des Landgerichts wird nach Auskunft des Gerichtssprechers die Klage nun an das Polizeipräsidium weiterleiten - mit der Aufforderung, eine Erwiderung zu formulieren. Wenn diese vorliege, werde vermutlich eine mündliche Verhandlung angesetzt.

Das Dessauer Polizeipräsidium hat nach den Affären der vergangenen Jahre inzwischen mit Karl-Heinz Willberg einen neuen Chef bekommen - und der genießt bei den örtlichen Initiativen gegen rechts einen wesentlich besseren Ruf als seine Vorgänger. "Wir werden endlich bei unserer Arbeit gegen rechts von der Polizei unterstützt", sagt auch Steffen Andersch. "Das wäre früher undenkbar gewesen." ASTRID GEISLER

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