DIE ACHSE DES METAL VON FRANK SCHÄFER

Mächtig aufgepumpte Filmmusik

Diese Münchener Band braucht vermutlich keine Hörer. Viele hatten die Holzwarth-Brüder (Bass und Drums) und ihre immer mal wieder wechselnden Mitspieler ohnehin nie. Trotzdem treffen sie sich seit fast zwanzig Jahren jeden Abend nach dem Brotjob im Übungskeller und schrauben an ihren ProgMetal-Suiten herum. Anfangs noch mit genialisch-sperrigen Speed-Patterns und jazzigen Leads jonglierend, versuchte man sich später auch an moderaterem, dem mitteleuropäischen Harmonie-Empfinden eher gemäßen Progressive Rock der Rush-Schule.

So auch auf dem neuen Album „Paramount“. In den verkitschteren Momenten, und es gibt einige, sind Yes oder sogar Marillion nicht weit – es klingt zumindest oft so, als hätte man das schon irgendwo gehört. Der Albumtitel bringt es auf den Punkt: Diese breitwandigen, konsequent auf Schönklang setzenden, noch jede Solo-Digression harmonisch integrierenden Kompositionen sind Filmmusik. Aber in den besten Momenten, etwa dem sich mächtig aufpumpenden Opener oder „Mounting Castles In The Blood Red Sky“, einer Soundcollage, die Martin Luther Kings ja tatsächlich beinahe gesungene „I have a dream“-Rede suggestiv umspielt, braucht es keine zusätzlichen Bilder.

Sieges Even: „Paramount“ (InsideOut)

Aus dem breiten Kreuz geleiert

Baroness klingen weitaus orgineller. Auf ihrem Full-Length-Debüt koppeln sie enragierten, die geschwollenen Halsadern herzeigenden Hardcore und gelegentlich auch Black Metal mit einer dem Stoner Rock entliehenen kompositorischen Offenheit. Die Band wirft Alt und Neu in einen Topf und mischt die Subgenres zu einem eklektizistischen Personalstil. Das ergibt immer wieder schöne Kontraste, wenn nach einer rüde gebolzten Grölbreitseite der komprimierte Sound zerfällt in kontemplative Geräuschmalerei, Hippie-Schwell-Effekte, torkelnden Seventies-Hard-Rock mit psychedelischen Leadgitarrenschnörkeln. Man traut sich einiges zu und transzendiert mit Verve die erprobten Kompositionsmuster des Metal.

Nur selten verliert sich dabei das Spiel der Band in Eigenbrötlerei und Jam-Selbstvergessenheit, die den Stoner Rock ja oftmals für den Musiker attraktiver machen als für den Hörer. Diese Beliebigkeit fehlt hier ganz, nicht nur weil die Band immer wieder auf den Punkt kommt und sich Hooks aus dem breiten Kreuz leiert, die man gern ein zweites Mal hört, sondern auch weil man den vielen instrumentalen Ab- und Ausschweifungen stets eine gewisse Eingängigkeit bescheinigen muss. Das klingt improvisiert, ist es aber nicht.

Baroness: „The Red Album“ (Relapse)

Zäh schwappt der Doom

Chris Hakius (Drums) und Al Cisneros (Bass/Vocals) waren der hintere Teil des ausgestorbenen Doom-Brontosauriers Sleep – und sind jetzt der hintere Teil des Genres selbst, gewissermaßen die Quintessenz des Do(om): OM. Instrumentierung, Sound und Spieltemperament werden zurückgeführt auf den kleinsten gemeinsamen Nenner – auch auf seinem dritten Album inszeniert das kalifornische Duo eine Orgie der Reduktion und der Monotonie. Bronchitisch verschleimte Distortion-Bass-Riffs, die sich seit den frühen Tagen von Black Sabbath als Genremerkmal durchgesetzt haben, buckeln den völlig ausdruckslosen und deshalb nachgerade expressionistisch anmutenden Sakralsprechgesang. Das Schlagzeug tritt stoisch auf der Stelle, Hakius verschleppt die Snare wie ein Schlafwandler.

OM bläuen die ewige Wiederkehr des Immergleichen akustisch ein, es gibt zwar Dynamikwechsel, aber kaum harmonische Veränderungen, immer nur die Trance-induzierende Variation und schier endlose Wiederholung. So schwappt ein ins Extrem getriebener Doom Metal träge und zäh über die Genregrenzen hinweg ins Ambient-Fach. Als konzeptioneller Avantgarde-Akt lässt sich das goutieren – mir ist das etwas zu wenig Musik.

OM: „Pilgrimage“ (Southern Lord)