soldaten, totenkult etc.
: Aus der Mitte der Kommission

Zum Volkstrauertag soll der Grundstein gelegt werden, 2008 soll das Denkmal am Bendlerblock schon fertig gestellt sein. So zumindest ist zu hören. Franz Josef Jung, das ist hingegen sicher, hat sich im vergangenen Jahr entschieden, „ein zentrales, öffentlich zugängliches Ehrenmal der Bundeswehr errichten zu lassen“. Also sprach der demokratisch gewählte Verteidigungsminister und ließ das Ehrenmal im eigenen Haus planen, das Parlament wurde gar nicht erst gefragt. Die Tagung „Der Tod des Soldaten als demokratische Herausforderung“ am Berliner Wissenschaftszentrum in der vergangenen Woche zeigte deutlich, wie überfällig der Disput um diesen symbolpolitischen Akt ist und wie skandalös zugleich das Vorgehen der Bundeswehr.

Kaum demokratietauglich erscheint nämlich auch die Art und Weise, in der die Ausschreibung des Baus der Gedenkstätte bislang auf den Weg gebracht wurde. Das Ausschreibungsverfahren, so monierte Stefanie Endlich, Expertin für Kunst am Bau und Honorarprofessorin an der Berliner Universität der Künste, unterläuft nämlich alle Standards, die für vergleichbare aus öffentlicher Hand finanzierte Projekte ansonsten rechtsgültig sind. Anstatt den Bau öffentlich auszuschreiben, benannte eine von der Bundeswehr eingesetzte Findungskommission kurzerhand sechs mögliche Kandidaten, um aus diesen dann denjenigen auszusieben, der das Ehrenmal nun bauen soll. Die Wahl fiel auf den Münchner Architekten Andreas Meck.

Ulrich Schlie, der als Vorsitzender dieser Findungskommission im Fokus der Anwürfe durch die Tagungsteilnehmer stand, beschrieb das öffentlichkeitsscheue Vorgehen mit der so euphemistischen wie kryptischen Formel, die Entscheidung sei „aus der Mitte der Kommission“ heraus gefallen. Über die Formensprache des Entwurfs wollte Schlie indessen lieber keine Auskunft geben, das könne am Besten Meck selbst tun, der der Einladung zur Tagung aber nicht gefolgt war. So blieb unklar, warum die bronzene Außenverkleidung des Ehrenmals mit Ausstanzungen in Form von Erkennungsmarken versehen sein soll, also vor allem das Schicksal der im Kampf gefallenen Soldaten sinnfällig gemacht wird, nicht aber dasjenige von Unfallopfern oder Selbstmördern aus den Reihen der Bundeswehr.

Auch ein Monolith aus dem Naturstein Nagelfluh – er soll sich in einer an Sakralarchitektur erinnernden „Cella“ im Innern des Monuments befinden – ist erklärungsbedürftig. Der Kunstgeschichtler Hans-Ernst Mittig verwies darauf, dass dieser Stein, der hier erstmals in der Geschichte des Denkmalbaus verwendet wird, auch im Hindukuschgebirge vorkommt. Zementiert, so Mittig, das Ehrenmal also die politisch umstrittene Devise, dass unsere Freiheit am Hindukusch verteidigt werde? Dass Mecks Entwurf durch die Naturalisierung und Sakralisierung des Soldatentods eine Botschaft transportiert, die dem Stand der öffentlichen und parlamentarischen Diskussion bei weitem vorgreift, davon ist nicht nur Mittig überzeugt. Der Ulmer Verein, ein Berufsverband von Kunst- und Kulturwissenschaftlern, formulierte dies am 11. Oktober in einem von über 170 renommierten Kunsthistorikern und Historikern unterzeichneten offenen Brief an die Bundeskanzlerin und den Verteidigungsminister. Eine Reaktion gibt es darauf bislang nicht. RONALD DÜKER