Pop-Exzentriker B-52s: Eine Band parodiert sich selbst

Keine Fete der 80er kam ohne Songs der US-Band B-52s aus. Doch ihr erstes Album seit 17 Jahren wirft Fragen auf: Was zwängt sie in diese unangenehmen Kleidungsstücke?

Wollte ihre Plattenfirma an alte Zeiten erinnern? Die B-52s im Jahr 2008. Bild: Promo

Es ist 30 Jahre her, da erschien die erste Single der Band The B-52s, "Rock Lobster": ein merkwürdig alberner, gitarrengetwangter und ein bisschen obszöner, auch absichtlich altbackener und waviger Popsong.

"Rock Lobster" war camp. Und das Album, das ihm 1979 folgte - es hieß wahlweise "The B-52s", "Play Loud" oder auch nur "das Gelbe" -, war genauso camp. In dem Song "Planet Claire" hieß es: "Planet Claire has pink air/All the trees are red/No one ever dies there/No one has a head". Ein anderer Song hieß so astronomisch richtig wie seltsam "Theres a Moon in the Sky - Called the Moon". Das 1980 erschienene zweite B-52s-Album, "Wild Planet", manche nennen es auch "das Rote", blieb so campy und mischte das Schrille aus dem Rock der 50er-Jahre mit der kommenden Coolness der 80er.

The B-52s waren eine Band, die schon mit ihrem Namen gezeigt hatte, wie verdreht unsere Welt ist: "B 52s" heißen in Athens, Georgia, der Südstaaten-Uni-Stadt, aus der alle Bandmitglieder stammen, die Bienenkorbfrisuren, die die Musikerinnen Cindy Wilson und Kate Pierson auf den Plattencovern tragen. Der Frisurenname leitet sich wiederum von den B-52-Bombern der US-Luftwaffe ab. Die Damen tragen also Bomben auf dem Kopf und wissen darüber Bescheid.

Die Extravaganz der Band wurde allerdings ohne allzu großes Tamtam ausgestellt. Man war camp und queer. Überkandidelt war man aber nicht, obwohl man eine große Liebe für den Unschick der 50er-Jahre hegte. The B-52s waren auf eine angenehme Weise cool. Ihre Songs sind mehr als bloße Imitationen alter Rocknummern: Das endlose Schallala der 50er wurde von den Sängerinnen in einen kreischenden New-Wave-Sirenengesang übersetzt, während der Sänger Fred Schneider die in alle Richtungen auseinanderstrebenden Gesangsmelodien mit seiner auffälligen, beinahe blasiert klingenden nasalen Stimme moderierte. Hieß es "Give Me Back My Man", war das nur bedingt ein Song über das Leiden einer verlassenen Frau, sondern zugleich auch ein Stück über das Leiden der verlassenen Frauen im Pop. Bei jeder Songzeile, bei jedem Sound war der Kommentar mitgedacht und kaum etwas war "gefühlt". Die B-52s machten gewissermaßen schon 1979 Partymusik über Partymusik. Keine Fete der 80er-Jahre kam ohne ihre ersten beiden Alben aus.

Doch die B-52s konnten die künstlerische Größe, die sie zu Beginn ihrer Karriere erreicht hatte, nicht bewahren. Nach dem Aidstod von Gitarrist Ricky Wilson, 1985, schrumpften The B-52s zum Quartett. Die Folgealben wurden stumpfer und fader. Beim Welthit "Loveshack" von 1989, loderte die alte Coolness kurz auf, der Song besitzt aber weder musikalisch noch textlich jene Eleganz, die die B-52s einst verströmten. Nach dem Titelsong zum "Flintstones"-Film löste sich die Band 1994 konsequenterweise auf. Cindy Wilson hatte sie schon vier Jahre zuvor verlassen.

Nun, 17 Jahre nach dem letzten Werk "Good Stuff", liegt mit "Funplex" auch ein neues Album vor. Den titelgebenden Song, der als Single vorab veröffentlicht wurde, wird bereits von allen Radiosendern rauf und runter gespielt. Das zunächst einmal traurig stimmende Cover auf dem, 30 Jahre nach den ultracoolen Covern der "Gelben" und der "Roten", die alten Leute, die die Bandmitglieder inzwischen sind, so posieren, als seien sie noch Ende zwanzig, deutet es an: The B-52s ist kein weiterer Meilenstein gelungen.

Es bleibt dabei, die erste und die zweite Platte sind ihre Meisterwerke, danach kommt Abklatsch. Was zwängt Wilson und Pierson, in diese offensichtlich unangenehmen Kleidungsstücke und wer verlangt von dem Endfünfziger Schneider, solche gestreiften Hosen zu tragen? Fast scheint es, als parodierten die alten B-52s sich selbst als junge Band. Doch mit welcher Absicht? Haben sie vielleicht einfach vergessen, wer sie waren und was sie wollten? Oder wollte die Werbeabteilung der Plattenfirma an alte Zeiten erinnern? Das neue Album ist ja ganz solide gemacht. Der musikalische Kopf der Band, Keith Strickland, schuf muntere Partysongs, in denen Rock und Elektronika verschwimmen. Wilson und Pierson machen wieder Schallala, während Schneider näselt. Das ist weder richtig gut noch richtig schlecht. Eigentlich aber gibt es keinen Anlass für diese Platte, weil sie nur ein bisschen modernisierter das bietet, was schon die letzten Partyplatten boten. Doch wenn es dafür Geld gibt und die Platte okay ist, wer will es den Künstlern verübeln? Sie haben sich ihren Lohn redlich verdient.

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