Einer, der geradlinig die Kurve kriegt

Claus Kleber, 52, wird neuer „Spiegel“-Chef. In seinem letzten Buch, „Nachrichten, die Geschichte machten“, erklärte er Kindern die Welt. Die „Zeit“ fand die Idee in ihrer Besprechung „witzig“ FOTO: AP

Diplomatisch sein: Das kann er. Falls die Findungskommission beim Spiegel also jemanden gesucht hat, der anders als der geschasste Stefan Aust – Achtung: Wortwitz! – moderierend wirken kann, hat sie den Richtigen gefunden. Als Claus Kleber 2003 Anchorman des ZDF wurde, fragte man ihn, wie er seinen Job angehen wolle. Wolf von Lojewski, sein Vorgänger, stand neben ihm. Claus Kleber sagte: „Das Teuflische ist, dass mir Lojos Stil so gut gefällt, dass ich ihn am liebsten kopieren würde.“ Das hat Wolf von Lojewski gefreut. Im nächsten Satz setzte Kleber nach: „Nein, im Ernst: Ich muss meinen eigenen Stil finden.“ Vorgänger glücklich gemacht, dann Kurve gekriegt und Stellenbeschreibung gut erkannt: Claus Kleber, 52, hat den Dreh raus, komplexe Anforderungsprofile zu erfüllen. Wie sein eigener Stil nun genau aussieht, fragt man sich allerdings vergebens.

So viel ist klar: Claus Kleber hat seinen Dienst als Chefwelterklärer des heute-journals in den vergangenen Jahren mit einem Willen zur Lockerheit versehen, dass man unwillkürlich einen amerikanischen Hintergrund annimmt. Den gibt es. Am 11. September 2001 war es Claus Kleber, der von den Anschlägen in New York berichtete. 15 Jahre lang war er für die ARD in den USA tätig, zuerst als Hörfunkredakteur, zum Schluss als Studioleiter in Washington D.C. Eine geradlinige Karriere hat Kleber von Anfang an hingelegt: Jurastudium, Referendariat, daneben eine journalistische Ausbildung von der Pieke auf inklusive Erlebnissen, die sich als Anekdoten gut in jedem Porträt machen: Als junger Reporter begleitete er den Redaktionsfotografen des Kölner Stadt-Anzeigers, einen ehemaligen Rallyefahrer, auf dessen täglichem Termingehetze zwischen Kleintierzüchtervereinen und Feuerwehreinsätzen.

Wie Kleber, der derzeit auf einem Drehtermin in den USA weilt, den Chefjob beim Hamburger Nachrichtenmagazin angehen wird, dafür bietet sein bisheriges Wirken insgesamt wenig Hinweise. Als er neulich bei der beliebten Sendung „Zimmer frei“ als Stargast auftrat, formulierte Cleber als journalistisches Credo, persönliche Meinungen wolle er nicht in die Moderationen einfließen lassen: „In zehn Jahren sollen die Leute immer noch nicht wissen, auf welcher Seite ich stehe.“ Ob er damit das Anforderungsprofil eines Spiegel-Chefs getroffen hat, darf bezweifelt werden. DIRK KNIPPHALS