Ein Leben lang gearbeitet: Rente auf Sozialhilfeniveau

Menschen in Jobs, die früher ein mittleres Gehalt garantierten, fürchten heute die Altersarmut. Eine Kindergärtnerin und ein Krankenpfleger erzählen.

Für eine Kindergärtnerin verdient Anke Kauerauf gar nicht so schlecht. Die 46-Jährige, die in dem kommunalen Kindergarten Peterswald-Löffelscheid im Hunsrück arbeitet, hat jeden Monat 1.500 Euro netto auf dem Konto. Dafür bastelt die gelernte Krankenschwester mit den Kindern, organisiert Spiele im Stuhlkreis und führt Elterngespräche.

Kauerauf und ihre Kolleginnen arbeiten in einem von den Berufen, für die die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst von besonderer Bedeutung sind. Erzieherinnen, Krankenschwestern, Müllfahrer und Gebäudereiniger sind Jobs, die in die untersten Lohngruppen fallen. Gerade sie, betont Ver.di-Chef Frank Bsirske, brauchten mehr Geld zum Leben.

Denn Wenigverdiener sind von den Teuerungen besonders betroffen. Weil sie weniger Spielräume haben, weil sie einen großen Teil ihres Geldes in Konsum stecken müssen: Laut dem Statistischen Bundesamt gingen im Jahr 2005 in Haushalten mit einem ausgabefähigen Einkommen von 1.520 Euro gut 1.300 für Konsum weg. Zum Vergleich: Stehen 4.250 Euro zur Verfügung, werden nur knapp 2.800 Euro verkonsumiert.

Anke Kaueraufs Gehalt wird sich nicht mehr erhöhen. Nach über 25 Berufsjahren ist sie in der höchsten Lohngruppe für Kinderpflegerinnen angelangt. Sie lebt getrennt von ihrem Mann und zahlt ein Auto ab, das beide noch zusammen gekauft hatten. 400 Euro sind dafür im Monat fällig; für Miete, Heizung und Gas kommen 420 Euro dazu. Zieht man weitere Kosten wie Sprit, Telefon (50 Euro), Versicherungen und Riester-Rente (120 Euro) ab, bleiben rund 500 Euro für Essen, Kleidung und alles andere. "Natürlich muss ich rechnen, aber ich habe ein gutes Auskommen", sagt Kauerauf.

Viel zurücklegen kann sie allerdings nicht. Wer ein Leben lang in Berufen mit ähnlichem Verdienst arbeitet - früher auskömmliche Mittelschichtskarrieren also -, fürchtet heute die Altersarmut.

Das gilt auch für Kai-Henrik Hahn, der als Krankenpfleger auf einer Überwachungsstation der Städtischen Kliniken Bielefeld arbeitet. Der 33-Jährige rechnet mit einer Rente knapp über Sozialhilfeniveau: "Diese Aussicht ärgert mich natürlich. Gerade Beschäftigte, die wichtige gesellschaftliche Arbeit leisten, werden ausgenutzt." Mit Spät- und Nachtzuschlägen kommt Hahn auf rund 1.700 Euro netto im Monat. Der Krankenpfleger zahlt 360 Euro für Miete und Strom, muss einen Kredit für Möbel und Umzug abzahlen (330 Euro), ist starker Raucher (240 Euro) und geht gerne aus (300 Euro). Bei diesem Singleleben bleibt nichts für Rücklagen: "Auch ein Auto könnte ich mir nicht leisten", sagt Hahn.

Die von Ver.di geforderte Mindestzahlung von 200 Euro würde sich in den untersten Lohngruppen am stärksten auswirken - bei Gebäudereinigern, Küchen- oder Gartenarbeitern. Wer in den Städtischen Kliniken in Frankfurt am Main in der Kantine Essen ausgibt, verdient 950 Euro netto. Betriebsrätin Rosemarie de La Chaise sagt: "Die kommen gerade so über die Runden, an eine Riester-Rente ist nicht zu denken."

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