Der Verzauberer der modernen Technik

Mein Gedächtnis schwindet. Mein Gedächtnis lässt nach. Daran besteht kein Zweifel. Ich spüre es. Ich spüre es. Ich spüre es. Ich habe … Angst.“ Kaum ein Filmtod ist so anrührend und zugleich so existenziell wie der des legendären Bordcomputers HAL 9000. Der Science-Fiction-Autor Arthur C. Clarke hat diesen sprechenden und emotionsgeladenen Computer, der ein nicht mehr kontrollierbares Eigenleben entwickelt, erfunden. Zu Kultstatus – und mit ihm sein Autor zu weltweiter Berühmtheit – gelangte er 1968 durch Stanley Kubricks Verfilmung „2001 – Odyssee im Weltraum“, zu dem Clarke das Drehbuch lieferte.

Die Vorlage ist eine moderne Parabel über eine Technik, die selbst zur Handelnden wird und den Menschen ablösen will. Mit ihr gab der 1917 in Somerset, Großbritannien, geborene Clarke den unzähligen philosophischen Visionen vom Umschlagen der instrumentellen Vernunft ihr populärkulturelles Gesicht. HAL 9000 war der Superstar unter den Maschinen, die, vom Menschen geschaffen, sich gegen den Menschen wenden.

Mehr als 200 Bücher und Kurzgeschichten hat der studierte Mathematiker und Physiker Clarke seit den 1940er-Jahren geschrieben. In ihnen lotete er das utopische Potenzial des Fortschritts und dessen Schreckensbilder gleichermaßen aus. Wie kein anderer Autor verkörperte er dabei die eigentümliche Durchdringung von Imagination und Wissenschaft, auf der die Faszination für das Science-Fiction-Genre beruht. So spekulierte er 1945 über die Möglichkeiten von Nachrichtensatelliten im Weltraum. In Wissenschaftskreisen wurde er dafür belächelt. Heute gelten seine Ansätze als Grundstein für das Telekommunikationsnetz, ohne das unser Alltag nicht mehr zu denken ist. Indes stammt von Clarke auch die Grundformel, dass fortschrittlicher Technik immer eine magische Dimension eigen sei. In diesem Sinne hat er zeitlebens an der Entzauberung wie auch an einer neuerlichen Verzauberung der modernen Welt mitgeschrieben.

Ironie der Geschichte ist vielleicht, dass seine hochfliegenden Gedanken von der Unwichtigkeit der eigenen Körperlichkeit eines Besseren belehrt werden sollten. 1988 erkrankte Clarke an Kinderlähmung und verbrachte seine letzten Jahre im Rollstuhl.

Mit seinem letzten Buch „3001 – Die letzte Odyssee“ aus dem Jahr 1997 hinterlässt er ein Untergangsszenario für das kommende Jahrtausend. An dessen Entzauberung wird er nicht mehr mitarbeiten können. Arthur C. Clarke ist am Dienstag in Colombo, Sri Lanka, wo er seit einem halben Jahrhundert lebte, im Alter von 90 Jahren gestorben.

WIEBKE POROMBKA