Der Raucherschützer

Christoph Lövenich, 29, ist Bundeschef beim „Netzwerk Rauchen“, das den Streit um Rauchverbote neu aufrollen will. Zudem engagiert er sich bei den Grünen – der schärfsten Antiqualmpartei FOTO: ARCHIV

Christoph Lövenich ist ziemlich unzufrieden mit den Grünen. Er findet, dass sie Fundamentalisten sind. Keine Partei bekämpft das Rauchen entschlossener. Keine Partei sei so intolerant, ätzt er. Es ist eine vertrackte Sache mit Lövenich und den Grünen: Er ist Chef des bundesweiten „Netzwerks Rauchen“. Und Chef des Grünen Ortsverbands Bonn-Mitte.

„Die Grünen frustrieren mich“, sagt der 29-Jährige ins Telefon und zieht vernehmlich an seiner Zigarette. Zufriedener klingt er, wenn er über die Bewegung gegen Rauchverbote spricht, die gerade in einigen Bundesländern Schlagzeilen macht. „Der Widerstand wächst“, sagt er und zählt auf. Hamburg: Die Rauchrebellen um den Wirt vom „Goldbeker“ sind super, die schaffen das Volksbegehren. Berlin: Die „Initiative für Genuss“ hat demnächst ihre Website fertig, um die nötigen 20.000 Unterschriften zu sammeln. Kiel: Prima Idee, dass sich Wirte auf die Revolutionsgeschichte der Stadt besinnen. Lövenich hält Kontakt zu allen. In vielen Bundesländern haben die Parlamente bereits beschlossen, dass 2008 nur in Nebenräumen von Gaststätten geraucht werden darf. In Baden-Württemberg, Hessen und Niedersachsen gelten schon Verbote.

Eigentlich ist der Nichtraucherschutz kaum mehr rückgängig zu machen. In Deutschland rauchen nur 22 von 82 Millionen Menschen: schlechte Ausgangsbedingungen für Volksbegehren. Aber Lövenich will auch Nichtraucher begeistern: „Es ist eine Frage der Kultur und der Freiheit.“

Lövenich ist Politologe. Viele seiner Sätze klingen etwas sperrig, aber er weiß, worauf es ankommt bei einer Kampagne. Er hat einen Professor, der die „Passivrauchlüge“ entlarvt. Er hat den Musiker Joe Jackson, mit dem er persönlich „einen Kontakt gemacht“ und der eine Aktion in Berlin versprochen habe. Er hat auch eine Theorie, die die Glaubwürdigkeit der Gegenseite erschüttern soll: Die Pharmaindustrie stecke hinter der Nichtraucherlobby, da sie Nikotinpflaster und Psychopharmaka verkaufen wolle: „Die Tabakindustrie ist ein Waisenknabe gegen Pharma.“

Lövenich sagt, dass er unabhängig von Industrieinteressen sei. Er verrät nicht mal, welche Marke er raucht. Das wirksamste Mittel sieht er nicht in Klagen und Volksbegehren, sondern im zivilen Ungehorsam. „Ein paar müssen anfangen, und dann muss ein Schneeballeffekt entstehen.“ Klingt grün.

Ulrike Höfken, Chefin des Bundestags-Verbraucherausschusses, kennt ihn von einer Anhörung. Die Grüne sagt, Lövenich müsse sich überlegen, dass er andere mit seinem Qualm schädige. „Er hat sich auch nicht durchgesetzt. Da muss er sich eben draußen verlustieren.“ GEORG LÖWISCH