Pipeline gegen Wassermangel in Barcelona

Schlimmste Trockenheit seit 60 Jahren führt zu Konflikten ums knappe Nass. Katalanien soll nun durch eine Pipeline mit Wasser aus dem Fluss Ebro versorgt werden – gegen den Widerstand von Nachbarregionen und Umweltschützern

Mit der Forderung „Wasser – egal woher“ setzte sich Barcelona schließlich durch

MADRID taz/dpa ■ Die unter einer Jahrhundertdürre leidende Millionenstadt Barcelona soll durch eine neue Pipeline entlang einer Autobahn mit Trinkwasser aus dem Fluss Ebro im Norden versorgt werden. Die spanische Zentralregierung und die Regionalregierung von Katalonien kamen nach Presseberichten vom Mittwoch überein, die dafür erforderlichen Anlagen bis zum Herbst fertigzustellen.

Nach monatelanger Dürre geht in weiten Teilen Spaniens das Wasser aus: Auch nachdem es diese Woche erstmals wieder geregnet hat, sind in vielen Regionen die Stauseen und Flüsse fast leer. Die wasserreichen Regionen wehren sich bislang jedoch gegen neue Pipelines, denn am Wasser hängen auch Entwicklung und Reichtum. In Spaniens Presse war darum bereits vom „Wasserkrieg“ die Rede.

Von der schlimmsten Trockenheit seit 60 Jahren ist vor allem Katalonien betroffen, die Region rund um Spaniens zweitgrößte Stadt Barcelona. Im Innern dieser Region sind die Stauseen nur noch zu 20 Prozent gefüllt. Ohne neue Pipeline würde Barcelona, so die Erwartungen, spätestens im Herbst ohne Wasser dastehen. „Wasser – egal woher“, heißt deshalb die Forderung der katalanischen Autonomieregierung Generalitat. Die Koalition aus den Sozialisten von Spaniens Premier José Luis Rodríguez Zapatero, der postkommunistischen Initiative für Katalonien (ICV) und den Separatisten der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) forderte Wasser aus einem Quellfluss des Ebro, Spaniens größtem Strom.

Umweltschützer hatten vor den Folgen einer solchen Infrastrukturmaßnahme gewarnt: Das wertvolle Biotop der Pyrenäenflüsse werde durch Wasserentzug gefährdet, und am Mündungsdelta würde bei niedrigeren Wasserständen Salzwasser weiter in Land eindringen und die Feuchtgebiete gefährden.

Aus diesem Grund waren ähnliche Pipeline-Pläne in Richtung Valencia und Alicante, die Zapateros konservativer Vorgänger José María Aznar ausgearbeitet hatte, vor vier Jahren von seinem Nachfolger gestoppt worden. Gegen die Trockenheit setzte die Politik stattdessen auf Wassersparen und Entsalzungsanlagen. Die Anlage, die für Barcelona vorgesehen ist, wurde allerdings bis heute nicht fertiggestellt. Und die gleichen katalanischen Politiker und Parteien, die damals gegen Aznars Pläne auf die Straße gingen, wollen jetzt selbst das Wasser des Serge nach Barcelona umleiten.

Die Zentralregierung, die die Pläne zunächst ablehnte, hat ihre Position nun geändert. Die Umleitung des Ebro-Wassers nach Barcelona, die 170 Millionen Euro kosten soll, sei eine Notmaßnahme und bis Mai 2009 beschränkt. Um Wasserverlust aus dem Fluss zu vermeiden, sollen zudem bei der Bewässerung von Feldern im Mündungsdelta die Leitungssysteme modernisiert und damit große Einsparungen erzielt werden.

Die Nachbarregionen dürften dennoch unzufrieden sein. Allen voran beschwert sich Aragonien, die ebenfalls sozialistisch regierte Nachbarregion Kataloniens. Denn die arme Region, durch die der Ebro überwiegend verläuft, hat eigene Pläne. Sie will mit dem Wasser die Bewässerungslandwirtschaft in einem Wüstenlandstrich ausbauen. Außerdem sollen dort in einer Art spanischem Las Vegas 32 Kasinos entstehen. Das erst vor einem Jahr reformierte Autonomiestatut Aragoniens schreibt das exklusive Nutzungsrecht für den Ebro fest.

Auch im Süden beobachten die konservativen Regionalregierungen von Valencia und Murcia das Ansinnen der Katalanen mit Argwohn, denn ihnen war der der Zugriff auf Spaniens größten Fluss zuvor verwehrt worden.

Die Generalitat hingegen möchte beim Ebro nicht haltmachen. Längst sind neue Pipelines im Gespräch. Die Regierung in Barcelona schaut dabei in Richtung Norden nach Frankreich: Dort fließt die Rhone ungenutzt ins Mittelmeer. REINER WANDLER