Spion vs. Spion: Polizisten bespitzeln sich gegenseitig

Die Polizei ermittelt wegen vermeintlichen Geheimnisverrats in den eigenen Reihen. Auch ein Journalist ist ins Visier der Ermittler geraten.

Kollegen im Visier Bild: AP

Eigentlich ist Polizeipräsident Dieter Glietsch im Innenausschuss immer anwesend. Mit unbewegter Miene sitzt er dann auf seinem Stuhl und redet nur, wenn er von Innensenator Ehrhart Körting (SPD) aufgefordert wird. Doch am Montag fehlten Glietsch und Körting. Beide waren in Afganistan auf Polizeimission. Der Termin war sicher wichtiger, aber das Timing ungünstig. Im Ausschuss ging es um Glietschs Führungsstil und sein Verhältnis zur Öffentlichkeit. Zeitungsberichten zufolge lässt er gegen Polizisten wegen des Verdachts auf Geheimnisverrat ermitteln. Hintergrund: Ein Beamter war beim Kaffee trinken gesehen worden - mit einem Journalisten.

Der innenpolitische Sprecher der FDP, Björn Jotzo, hatte das Thema auf die Tagesordnung gesetzt: "Rasterfahndung bei der Polizei - müssen sich Berliner Polizisten künftig ihre Freundschaften genehmigen lassen?" wollte Jotzo unter Berufung auf die Berichte vom Wochenende wissen. Danach hatte ein Polizeireporter der Morgenpost Ende Oktober in einer Bäckerei im brandenburgischen Großbeeren mit einem seit langer Zeit krankgeschriebenen SEK-Beamten Kaffee getrunken - beide sind befreundet und wohnen in Großbeeren. Ein Staatsschutzbeamter sah dies und schrieb einen Vermerk.

Das darauf folgende Ermittlungsverfahrens wegen Verdachts des Geheimnissverrats richtete sich laut der Zeitung sowohl gegen den Reporter und den SEK Mann, wie auch zehn seiner Kollegen, die alle im Raum Großbeeren und südlichen Berlin wohnen. Die Auskünfte der Polizei dazu sind vage. Ein Sprecher sagte der Presse: "Ein gemeinsames Kaffeetrinken löst bei uns keine Ermittlungen aus".

Auch im Ausschuss mauerte die Polizei. Innenstaatssekretär Ulrich Freise (SPD) und Polizeivizepräsident Gerd Neubeck beklagten ganz allgemein, dass immer wieder Informationen über polizeiinterne Angelegenheiten an die Öffentlichkeit gelangten, zum Bespiel Termine von geplanten Razzien, Ermittlungsergebnisse, Daten von Beschuldigten und Opfern. Das sei unter Strafe gestellter Geheimnisverrat. Zudem hörten Journalisten den Polizeifunk ab. "Wir bemühen uns um eine saubere Polizeibehörde", betonte Neubeck.

Den Bericht der Morgenpost bestätigte er nur insoweit, dass es ein Ermittlungsverfahren gegen unbekannte Polizeibeamte gibt. Dieses sei unabhängig vom Vermerk des Staatsschutzbeamten eingeleitet worden. Es gebe aber weder eine Rasterfahndung noch ein Ermittlungsverfahren gegen einen Journalisten.

Die Abgeordneten von Grünen, FDP und CDU sprachen von überzogenen Maßnahmen und verlangten Aufklärung. Seit Glietsch Polizeipräsident sei, herrsche in der Behörde ein Klima der Angst, stellte der innenpolitische Sprecher der CDU, Frank Henkel, fest. Selbst leitende Beamte scheuten das offene Wort. Henkel sprach vom sogenannten "DWDS-Befehl: Dieter will das so". Vize Neubeck wies die Kritik zurück: Im Gegensatz zu früher herrsche in der Polizei heute eine bespiellose Transparenz.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.