Jugendarbeit: Kiezworker laufen weiter

Das Kiezläufer-Projekt in Kreuzberg wird verlängert und auf den Wassertorplatz ausgeweitet. Kein Konkurrenzprojekt zur professionellen Sozialarbeit.

Es klang ein wenig zu positiv, was die Organisatoren des Kiezläufer-Projekts von der Arbeit in Kreuzberg berichteten: Man müsse den Kids auf der Straße "nur zuhören, was ihnen auf der Seele lastet", sagte am Dienstag Ali S. Der 34-Jährige ist einer von sechs Kiezworkern, die seit einem halben Jahr im Kiez um die Naunyn- und Admiralstraße unterwegs sind. Ralf Hirsch, beim Referat Soziale Stadt in der Senatverwaltung für Stadtentwicklung zuständig für das Projekt, schwärmte davon, wie sich 40 junge Männer, meistenteils mit Migrationshintergrund, die sonst nie kochen, beim "Möhrenputzen und Kartoffelnschälen" näher gekommen seien. "So einfach funktioniert diese Welt." Später korrigierte sich Hirsch, Salat und Börek seien zubereitet worden.

Ganz so einfach funktioniert die Welt natürlich nicht. Aber die Wogen der Empörung, die beim Start des Projektes im Bezirksamt Friedrichhain-Kreuzberg und den bestehenden Jugendeinrichtungen hochschlugen, haben sich geglättet. Die sechs Kiezläufer sind in den Abendstunden rund um das Kottbusser Tor unterwegs. Sie tragen schwarze Kaputzenpullis mit der Aufschrift "Kiezworker- sprich mit uns". Fünf von ihnen sind türkischer oder arabischer Herkunft. Alle waren in der Jugend kriminell, kennen also das Leben auf der Straße. Das bis zum Herbst 2008 verlängerte Projekt lässt sich der Senat laut Hirsch 40.000 Euro kosten. Eine Ausweitung auf den Wassertorplatz steht kurz vor dem Abschluss. Hirsch war spürbar bemüht, den bei Projektbeginn von ihm geschürten Eindruck zu entkräften, die Kiezworker seien eine Konkurrenz oder gar als Ersatz zur bestehenden Sozialarbeit im Kiez gedacht. Die Kiezworker hätten ganz andere Aufgaben, betonte er.

Nach Angaben von Orhan Akbiyik vom Trägerverein Odak haben die Kiezworker bislang zu 30 bis 80 Jugendlichen auf der Straße einen Kontakt hergestellt und Treffen organisiert, mit dem Ziel deren "Bedarfe zu ermitteln". 15 Jugendliche seien in Ausbildungsmaßnahmen vermittelt worden, sieben wollten ihren Schulabschluss nachholen. Eine Theater AG sei gegründet worden, eine Fußball AG und eine Jugend-Kiez AG seien im Aufbau. Was man bewegen könne, seien zwar "kleine Sachen, aber mit sehr großer Auswirkung", sagte der Kiezworker Ali S.

Auch die Polizei, die sich mit Leuten von Odak alle vierzehn Tage zum Erfahrungsaustaush trifft, bewertete die Arbeit positiv. Ein Rückgang der Kriminaliät in den Kiezen sei zwar nicht zu verzeichen, sagte Jörg Wuttig von der Direktion 5. Das zu erwarten, sei aber auch "völliger Quatsch". Es gehe darum, die Prävention zu verbessern und dass sich die Anwohnern sicherer fühlten. Das Umgangsklima sei viel freundlicher geworden, bestätigte ein Bewohner aus der Reichenberger Straße.

Das Bezirksamt Friedrichhain-Kreuzberg und die bezirklichen Jugendeinrichtungen hatte seinerzeit verärgert, dass sie vom Senat nicht in die Planung einbezogen worden waren. Dazu kam die überhebliche Art, mit der das Projekt in der Öffentlichkeit verkauft worden war. "Ich freue mich über jeden, der sich für die Jugendlichen engagiert", sagt eine Streetworkerin. "Aber in unserem Job gehört mehr dazu, als den Jugendlichen zuzuhören und mit ihnen zu kochen".

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