E-Learning ohne Effekt

SPD und GAL prangern geringen Nutzen der hochschulübergreifenden Multimediakontor GmbH an. Die sollte E-Learning-Produkte verkaufen, was nicht klappt, wie der Senat jetzt einräumt

VON KAIJA KUTTER

Die Opposition startet einen neuen Angriff auf Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos). Dieser hatte 2002 zu Zeiten der Internet-Euphorie eine Multimediakontor GmbH (MMKH) gründen lassen, die die damals sprießenden Fördergelder für E-Learning bündeln und die von Hochschulen in diesem Bereich entwickelte Software verkaufen sollte. Aus Sicht der SPD und GAL-HochschulexpertInnen Barbara Brüning und Heike Opitz schuf er damit eine „überflüssige Bürokratie“, die die Hochschulen nur Geld kostet.

„Die machen Messestände in ganz Deutschland und wir wissen nicht wofür“, bringt Opitz ihre Kritik auf den Punkt. „Ich frage mich“, ergänzt Brüning, „ob ich so eine GmbH haben muss, damit die Hochschulen E-Learning entwickeln. Können die das nicht selbständig machen?“

Denn schon heute organisierten die Hochschulen das E-Learning überwiegend selbst. Statt technischer Dienstleistungen böte das Kontor fast nur Beratung an. Die eigentliche Aufgabe, die Vermarktung von E-Learning-Produkten, könne das Kontor nicht erfüllen. Den Kosten für die 15 Mitarbeiter von mehreren Millionen Euro stünden nach vier Jahren Einnahmen von nicht einmal 300.000 Euro gegenüber.

Aufmerksam geworden war Brüning, als sie Klagen der Fakultäten hörte, dass sie in diesem Jahr weniger Geld erhielten. Als sie schriftlich nachhakte, bestätigte ihr der Senat im Mai den Sachverhalt. Unter anderem liege dies „am Beitrag der Universität zur Weiterentwicklung des E-Learning“. Woraufhin Brüning eine zweite Anfrage stellte, in der sie genau wissen wollte, wie viel die insgesamt sechs Hochschulen ans Kontor bezahlen.

In der Tat zahlte die Uni Hamburg im Jahr 2006 368.000 und im Jahr 2007 mit 577.000 Euro fast doppelt so viel. Insgesamt überwiesen alle sechs Hamburger Hochschulen 980.000 Euro. Davon werden laut Senatsantwort aber nur 150.000 Euro für E-Learning-Aktivitäten ausgegeben. „Der Rest“, vermutet Opitz, fließe überwiegend in besagte Vermarktungsaktivitäten.

Zugleich räumt der Senat jetzt offen ein, dass sich die bei der Gründung gehegten Hoffnungen hinsichtlich der „kommerziellen Verwertbarkeit von E-Learning Produkten“ und der damit einhergehenden „Refinanzierung von Kosten“ nicht realisiert haben. Zum einen gebe es in Deutschland kein „nennenswertes Nachfragepotenzial“. Zum anderen würden die Hochschulen kaum Produkte herstellen, die sich für eine kommerzielle Vermarktung eignen.

Damit, so Brüning, ginge das Argument für die private Agentur verloren. Die Hochschulen sollten ihr Geld jetzt behalten dürfen und ihre Software selber entwickeln, unterstützt und koordiniert vom „Rechenzentrum“ der Universität, das gegenwärtig ohnehin vom Stadtrand auf den Campus zurück zieht.

Drägers Sprecherin Sabine Neumann weist die Vorwürfe zurück: Das Konzept für das Kontor stamme nicht von Dräger, sondern von dessen Vorgängerin Krista Sager (Grüne). Die Idee, beim E-Learning Kompetenz zu bündeln, sei „nach wie vor richtig“. Und es habe „nie die Erwartung bestanden, dass sich das MMKH durch Vermarktung seiner Produkte selbst trägt“.