Chancen für Gesetz steigen: Sterbehelfern Dignitas droht Verbot

Die Sterbehilfe-Vereinigung Dignitas will mit einem Präzedenzfall das Recht auf begleitetes Sterben durchsetzen. In der Union wächst die Zustimmung für ein "Anti-Dignitas-Gesetz".

Protest gegen Sterbehelfer "Dignitas" in Hannover Bild: dpa

BERLIN taz Die Unionsfraktion im Bundestag fordert ein Verbot der Schweizer Sterbehilfeorganisation Dignitas und ihres deutschen Ablegers Dignitate. Ingrid Fischbach, die kirchenpolitische Sprecherin der CDU/CSU-Fraktion, verwies auf die von Dignitas arrangierten Selbstmorde von zwei Deutschen auf Schweizer Parkplätzen. Außerdem seien die jüngsten Äußerungen von Dignitas-Chef Ludwig Minelli "ungeheuerlich" gewesen, sagte Fischbach. Minelli hatte am Wochenende angekündigt, dass er mit einem Präzedenzfall auch in Deutschland das Recht auf einen begleiteten Selbstmord durchsetzen wolle. Angeblich soll sich bereits ein pensionierte Mediziner gefunden haben, der einen Schwerkranken beim Sterben begleiten will. Er nehme das Risiko der Strafverfolgung auf sich.

Neuen Schwung bekommt damit ein Gesetzentwurf, den die drei CDU-regierten Länder Thüringen, Hessen und Saarland schon im April 2006 in den Bundesrat eingebracht haben. Im Strafgesetzbuch soll für die "geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung" eine Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren oder Geldstrafe angedroht werden.

Erfasst werden sollen Taten in Deutschland, aber auch die Vermittlung entsprechender Leistungen im Ausland. Als "geschäftsmäßig" gilt jede "organisierte oder gleichartig wiederkehrende" Hilfe zum Suizid. Gewinnstreben ist nicht erforderlich, weil auch Dignitas betont, "keinerlei kommerzielle Interessen" zu verfolgen.

Zunächst schien es, als würde der Antrag schon in der Länderkammer abgelehnt und gar nicht in den Bundestag eingebracht. Nach den beiden Parkplatz-Suiziden beschlossen jedoch die Justizminister der CDU-regierten Länder vorige Woche, solchen Entwicklungen "entgegenzuwirken". Damit steigen die Chancen für ein "Anti-Dignitas-Gesetz".

In Deutschland ist ein Selbstmord straflos und deshalb auch die Beihilfe dazu. Wer einem Selbstmörder seine Pistole leiht, macht sich nicht strafbar. Insofern unterscheidet sich die hiesige Rechtslage nicht von der in der Schweiz. Unterschiedlich ist aber die Auslegung durch die Gerichte. In Deutschland muss der Helfer eingreifen, sobald der Sterbende das Bewusstsein verliert, und Erste Hilfe leisten. Sonst kann er wegen unterlassener Hilfeleistung bestraft werden. Ein assistierter Suizid durch Ärzte und Angehörige, die den Sterbenden bis zuletzt begleiten wollen, ist daher in Deutschland nicht möglich.

Außerdem gibt es in Deutschland keine Ärzte, die das in der Schweiz gebräuchliche Selbstmord-Medikament Natrium- Pentobarbital verschreiben, das angeblich einen sanften Tod ermöglicht. Anfang 2006 hatte eine lebensmüde querschnittsgelähmte Frau beim Verwaltungsgericht Köln die Verschreibung des Medikaments durchsetzen wollen, doch die Richter blieben hart. Es dürfe nur zur Linderung und Heilung von Krankheiten eingesetzt werden, nicht zur Beendigung des Lebens. Die Frau starb mit der Hilfe von Dignitas in der Schweiz.

Als Dignitas 2005 einen eigenen Verein in Deutschland gründete, stießen diese Aktivitäten von vornherein auf politischen Widerstand, vor allem in Hannover, am Sitz des deutschen Ablegers. Der Entwurf für ein Anti-Dignitas-Gesetz wurde ursprünglich auch von Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) erarbeitet. Sie konnte die Initiative jedoch nicht weiter verfolgen, weil der Koalitionspartner FDP dagegen war.

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