Krankenhäuser: Ost- und West-Kliniken vereinigt

Sechs Kliniken in Thüringen und Bayern arbeiten künftig unter einem Dach. Anlass für den Zusammenschluss ist Finanznot. Betriebsräte fürchten: "Situation für die Beschäftigten verschlechtert sich".

Betten schieben bleibt in Thüringen und Oberfranken unter kommunaler Aufsicht Bild: dpa

MÜNCHEN taz Es ist eine gesundheitspolitische Deutschlandpremiere: Vier Landkreise arbeiten ab Montag über zwei Bundesländergrenzen hinweg zusammen bei der Krankenhausversorgung. Am Nachmittag wird die Unterschrift unter RegioMed Kliniken GmbH" gesetzt, einer Holding, die sechs bisher eigenständige kommunale Krankenhäuser aus Südthüringen und Oberfranken unter einem Dach zusammenschließt.

"Dabei werden Landkreis- und Ländergrenzen überbrückt, ebenso die ehemalige innerdeutsche Grenze", so Uwe Möller-Ühlken, Sprecher der Geschäftsführer der RegioMed-Kliniken. Eine bemerkenswerte Situation in einem Versorgungsbereich, der gerade in der Fläche bislang von eifersüchtigen Landräten und Hausschließungen geprägt war.

Viele kleinere Krankenhäuser in Deutschland können "Fallzahlen", also Mindestmengen medizinischer Leistungen, nicht mehr erbringen. Vor allem hier soll der Zusammenschluss der Krankenhäuser von Hildburghausen, Schleusingen, Sonneberg, Neuhaus, Coburg und Lichtenfels mit ihren insgesamt 3.500 Mitarbeitern helfen. So sollen etwa in Coburg die Kindermedizin und Kardiologie gestärkt und damit auch attraktiver werden für Fachmediziner. Sonneberg soll sich auf Gefäßchirurgie spezialisieren. "Die Herausforderungen der Zukunft für Krankenhäuser, die sich als Einzelkämpfer verstehen, werden sich oftmals nicht mehr bewältigen lassen", glaubt Möller-Uhlken. Üblicherweise würden kommunale Kliniken dann von privaten Betreibern übernommen. Zwischen Nordbayern und Südthüringen werden dagegen die Kommunen den Hut aufbehalten. Die Immobilien bleiben im Besitz der Gemeinden, das Personal wandert in die RegioMed-Holding, die zu je einem Viertel von den vier Landkreisen getragen wird.

Eine gute Lösung für die Patienten, eine tendenziell schlechte für die Beschäftigten, findet Martin Lücke. Der Arzt ist Vorsitzender des Betriebsrats in Coburg, Mitglied bei Ver.di und der Standesvertretung Marburger Bund. "Die Situation für die Beschäftigten verschlechtert sich", bisher seien sie über Betriebs- oder Aufsichtsräte an den Entscheidungen beteiligt gewesen. "Jetzt haben wir kein Stimmrecht mehr", so Mücke gegenüber der taz. Dazu kämen Unterschiede in der Tarifgestaltung, denn nur das Coburger Haus sei Mitglied des kommunalen Arbeitgeberverbands. "Da gibt es derzeit Ungerechtigkeit in der Bezahlung", kritisiert Lücke. Gespräche darüber und über die Zukunft der Personalvertretungen seien aber schwierig. "Die Geschäftsleitung verweigert das Gespräch mit uns." Ein weiteres Problem seien die zunehmenden Servicegesellschaften, in den etwa Techniker, Köche, Labor- und Arzthelferinnen ausgegliedert worden seien. "Über diese Konstruktion versucht man jetzt schon die Preise zu drücken, in der Holding wird das sicher nicht besser", meint Personalvertreter Mücke.

Die bayerische Staatsregierung begrüßt den Zusammenschluss der Kliniken über Ländergrenzen hinweg. "Ich finde es gut, wenn man sich zusammentut, spezialisiert und damit die Qualität in den Fachbereichen steigert", kommentierte Sozialstaatssekretärin Melanie Huml (CSU) die Fusionen in Oberfranken. Die notwendige Grundversorgung werde dabei schließlich aufrechterhalten.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.