Aus die Maut – Studiengebühren wackeln

In Hessen und Hamburg könnte die Campus-Maut bald fallen, und in Niedersachsen dürfen die Hochschulen vielleicht bald niedrigere Sätze erheben. Während sich die Studentenvertreter freuen, bangen die Universitätsrektoren um Millionen Euro

In Baden-Württemberg, Hamburg, Hessen, Niedersachsen und dem Saarland müssen die Studierenden pauschal 500 Euro pro Semester bezahlen. In Nordrhein-Westfalen können die Unis selbst entscheiden, ob sie bis zu 500 Euro verlangen. In Bayern zahlen Studis zwischen 300 und 500 Euro pro Semester. Gebührenfrei ist das Studium in Ostdeutschland und in westdeutschen Bundesländern, in denen die SPD an der Regierung beteiligt ist. WOS

VON WOLF SCHMIDT

Es sind gute Zeiten für Studiengebührengegner. Denn die Campus-Maut steht in Hessen und Hamburg nach den Landtagswahlen vor dem Aus. Damit wackelt eines der größten Projekte der jüngsten Bildungspolitik.

Nach und nach wurden seit Herbst 2006 in sieben Bundesländern Gebühren eingeführt. 500 Euro pro Semester müssen die Studis meist bezahlen (siehe Kasten).

Das könnte sich nun ändern. Insbesondere auf Hessen richtet sich die Hoffnung der Gebührengegner. Schließlich hatte SPD-Spitzenkandidatin Andrea Ypsilanti vor der Wahl ebenso wie die Grünen und die Linke die Abschaffung der Studiengebühren angekündigt. „Wir hoffen, dass sie sich zumindest an dieses Versprechen hält“, sagt René Held vom deutschlandweiten Aktionsbündnis gegen Studiengebühren.

Seit dem Wochenende ist zwar zweifelhaft, ob es jemals eine Ministerpräsidentin Ypsilanti geben wird, doch die Mehrheit gegen Studiengebühren steht im Parlament. Wenn Ministerpräsident Roland Koch (CDU) geschäftsführend im Amt bleiben sollte, könnte Rot-Rot-Grün ihn zwingen, sein eigenes Gebührengesetz zu kippen. „Die Vorlage liegt in der Schublade“, sagt die bildungspolitische Sprecherin der hessischen SPD-Fraktion.

Und auch ohne das Parlament könnten die Studiengebühren in Hessen fallen. Vor dem Hessischen Staatsgerichtshof wird seit Februar eine Klage gegen die von der CDU eingeführten Studiengebühren verhandelt. Wegen einiger Besonderheiten der Hessischen Verfassung hat sie gute Aussicht auf Erfolg. Das Urteil wird für den Frühsommer erwartet.

In Hamburg rütteln die Grünen, die eine Koalition mit der Union ansteuern, an den Studiengebühren. „Wir setzen uns in den Koalitionsverhandlungen dafür ein, die Gebühren abzuschaffen“, sagt Kai Gehring, hochschulpolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag. „Die Campus-Maut schreckt Studenten ab und grenzt Ärmere aus.“

Beobachter halten es für denkbar, dass sich die Grünen in Hamburg durchsetzen. Zumal sich vor wenigen Tagen der parteilose Hamburger Wissenschaftssenator Jörg Dräger, ein jahrelanger Vorkämpfer für die Uni-Maut, aus der Politik verabschiedet hat. Die CDU soll die Bedingungen, unter denen sie auf Gebühren verzichten kann, bereits klargemacht haben: Ein Ausgleich für die 45 Millionen Euro pro Jahr aus Studiengebühren muss her.

Selbst im weiterhin schwarz-gelb regierten Niedersachsen denken die Regierungsparteien über die Gebühren nach. CDU und FDP wollen prüfen, ob die Unis ihre Maut bis zu einer Höhe von 500 Euro selbst festlegen dürfen – und damit auch weniger als bisher erheben können.

An vielen Universitäten macht man sich hingegen Sorgen darüber, dass die Gebühren abgeschafft werden könnten. Die Uni Frankfurt hat zum Wintersemester rund 11 Millionen Euro Studiengebühren bekommen. Davon sollten unter anderem 85 Stellen zur Verbesserung der Lehre geschaffen werden, rund 60 neue Mitarbeiter sollen bereits eingestellt worden sein. „Wer finanziert die weiter, wenn die Gebühren wegfallen?“, fragt sich Uni-Sprecher Stephan Hübner. „Wenn die Mittel aus den Sudienbeiträgen wegfallen sollten, muss die Politik eine anderweitige Finanzierung sicherstellen“, sagt die Präsidentin der Hochschulrektorenkonferenz, Margret Wintermantel. „Alles andere wäre ein erheblicher Rückschlag für die Entwicklung der akademischen Lehre.“

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