„Nicht so hoch aufhängen“

Der Arzt und schleswig-holsteinische CDU-Abgeordnete Rolf Koschorrek hat im Bundestag gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt. Mit norddeutscher Dickköpfigkeit habe das aber nichts zu tun

Dr. Rolf Koschorrek, 51, hat Zahnmedizin studiert und sitzt seit 2005 für die CDU im Bundestag.

Interview: ESTHER GEISSLINGER

taz: Herr Koschorrek, der Bundestag hat über die Vorratsdatenspeicherung abgestimmt. Sie haben – als einer von nur drei CDU-Abgeordneten – dagegen votiert. Was stört Sie an der Idee, Telefondaten ein halbes Jahr lang aufzubewahren?

Rolf Koschorrek: Mir geht es um die fehlende Gleichstellung der Patienten und Ärzte, das ist aus meiner Sicht das größte Manko dieses Gesetzes. Dagegen habe ich gekämpft und bin leider gescheitert. Ich bin selbst Arzt, also persönlich betroffen – aber in erster Linie geht es um die Patienten. Das Vertrauen zwischen Arzt und Patient ist eine Grundlage des Systems, und wenn Daten gespeichert werden, bringt man eine Unsicherheit hinein. Das habe ich in allen Gesprächen vorher erklärt – insofern war es nur konsequent, dass ich mit Nein stimme.

Bei solchen Fragen gibt es meist einen Fraktionszwang – haben Sie den zu spüren bekommen?

Nein, gar nicht. Wie gesagt: Ich habe vorher sehr aktiv Gespräche geführt, mit den Ärzteverbänden, mit den Innenpolitikern meiner Fraktion. Aber meine Argumente stießen nicht auf Gegenliebe. Also muss ich sagen: Ich konnte mich nicht durchsetzen, aber ich kann auch nicht zustimmen.

Gegen die Regelung an sich – dass also Daten über Telefonverbindungen gespeichert werden – haben Sie nichts?

Hätte es eine andere Regelung für die Gespräche zwischen Arzt und Patient gegeben, hätte ich zugestimmt. Ich finde, dass der gesetzlich vorgeschriebene Patientenschutz zu stark aufgeweicht wird.

Und was ist mit den Journalisten? Auch über deren Gespräche mit Informanten wurde ja diskutiert.

Sicher kann man über jede einzelne Berufsgruppe streiten. Aber ich bin nun mal Gesundheitspolitiker, daher habe ich mich in dieser Frage vor allem für die Patienten und Ärzte eingesetzt und mir den Standpunkt der Ärzteverbände zueigen gemacht.

Noch mal ganz deutlich: Es stört Sie nicht, wenn Verbindungsdaten ein halbes Jahr lang gespeichert werden?

Es ist einfach so, dass dem internationalen Terrorismus heute die elektronischen Verbindungswege offen stehen. Also muss dem Rechtsstaat die Möglichkeit gegeben werden, mit gleichen Mitteln zu agieren. Diese Ansicht teile ich.

Es gab nur elf Abgeordnete von CDU und SPD, die dagegen gestimmt haben – außer Ihnen noch zwei weitere Schleswig-Holsteiner, beide von der SPD. War das eine abgestimmte Aktion?

Das ist reiner Zufall: Ich wusste gar nicht, dass die dagegen waren. Abgestimmt habe ich mich nur mit meinem Kollegen HansGeorg Faust.

Man könnte auch ein Widerstandsnest vermuten, was ja auch zu den traditionell kritischen Dithmarschern passen würde – wobei Sie kein Dithmarscher sind, sondern Bad Bramstedter. Sind Schleswig-Holsteiner skeptischer als andere?

Na, das wollen wir mal nicht so hoch aufhängen.

Es wird vermutlich eine Verfassungsbeschwerde gegen das Gesetz geben. Drücken Sie dafür die Daumen?

Man muss sehen, wer aus welchen Gründen dagegen vorgeht. Die Position der Ärzte hätte meiner Ansicht nach eine gute Chance mit einer Klage, vor allem, wenn die Patientenschützer mit ins Boot gehen. Wenn sich da noch etwas ändern würde, würde ich das natürlich begrüßen.