„Ein Hund wäre vielleicht ein Problem“

Die Berliner Islamwissenschaftlerin Hegasy meint: Beim „Teddy-Skandal“ geht es um einen politischen Konflikt

SONJA HEGASY, 40, ist Islamwissenschaftlerin und arbeitet am Zentrum Moderner Orient in Berlin.

taz: Frau Hegasy, im Sudan bekam eine Lehrerin 15 Tage Haftstrafe, weil sie ihren Schülern erlaubte, den „Klassenteddy“ Mohammed zu nennen. Was ist schlimm daran, einen Teddy so zu nennen?

Sonja Hegasy: Das ist zu normalen Zeiten nicht besonders schlimm. Der Name ist ja in der islamischen Welt weit verbreitet, und die Kinder haben ihn selbst vorgeschlagen. Aber wir erleben ja auch hier eine Verhärtung der gegenseitigen Wahrnehmung. Diesmal hat das islamistische Regime in Khartum die Sache aufgebauscht, um sich als Vorkämpfer gegen den Westen zu profilieren.

Wie reagiert die Bevölkerung darauf?

Wahrscheinlich nimmt kaum jemand Anstoß an dem ursprünglichen Sachverhalt. Wenn es aber einmal politisiert ist, wird es teilweise als „Vertretung unserer Interessen“ im Schlagabtausch mit „dem Westen“ wahrgenommen. Es ist Teil einer plumpen Identitätspolitik des Regimes „Wir gegen die“.

Hat es bereits ähnliche Fälle gegeben?

In Ägypten gab es 1997 einen ähnlichen Fall. Dort hatten sich Eltern bei der Amerikanischen Universität beschwert, an der ihre Tochter studiert hat. Damals ging es um die Prophetenbiografie des französischen Islamwissenschaftlers Maxime Rodinson. Die Eltern wollten, dass dieses Buch nicht mehr verwendet wird. Es reicht also, wenn sich eine Person beschwert und die richtigen Leute kennt – schon wird aus der Sache ein Politikum mit internationaler Aufmerksamkeit.

Der Teddybär gilt als westliche Erfindung, er kam 1902 in den USA auf den Markt. Liegt es vielleicht auch daran?

Die Globalisierung ist – obwohl man hier gerne so tut, als sei das nicht der Fall – seit mindestens 150 Jahren in der arabischen Welt angekommen. Ein Teddy wird also ganz sicher nicht als Symbol US-amerikanischer Hegemonialpolitik angesehen.

Am Tier liegt das also nicht?

Nein. Ein Hund wäre vielleicht ein Problem. Mit verschiedenen Tieren gibt es unterschiedliche Konnotationen. Aber hier geht es sicherlich nicht um einen kulturellen Konflikt zwischen zwei Gesellschaften mit unterschiedlichen Werten, sondern – wie wir wissen – um einen politischen.

INTERVIEW: JAN PIEGSA