Lidl schadet dem fairen Handel nicht

Die Gepa, Europas größte Importorganisation für fair gehandelte Waren, kann ihren Umsatz kräftig steigern

BERLIN taz ■ Fast 50 Millionen Euro Umsatz, ein Plus von 9 Prozent – der Discounter Lidl hat dem Geschäft der Importorganisation für sozial- und umweltverträglichen Handel, Gepa, im abgelaufenen Geschäftsjahr 2006/07 nicht geschadet. Seit vergangenem Jahr zählt die Kette mit dem Slogan „Wir machen die billigen Preise“ zu den Anbietern von fair gehandelten Lebensmitteln, allerdings bezieht Lidl diese nicht von der Gepa.

Das Billigimage von Lidl könnte auf die gesamte Fairtrade-Branche abfärben und das Anliegen einer fairen Preisgestaltung konterkariert werden, befürchtete die Gepa, als Lidl vor einem Jahr einige faire Produkte ins Sortiment nahm. Doch diese Befürchtung hat sich bisher nicht bewahrheitet, so Gepa-Sprecherin Barbara Schimmelpfennig. „Möglicherweise werden durch Lidl Zielgruppen erreicht, die bisher gar keine fair gehandelten Produkte gekauft haben“, sagt Schimmelpfennig. „Lidl möchte die Verbreitung fair gehandelter Produkte stärken“, heißt es jedenfalls von Lidl.

Die Gewerkschaft Ver.di sieht das anders. Für sie ist das Engagement des Discounters nach wie vor lediglich eine „Imagepolitur“. Auch die Vorwürfe schlechter Arbeitsbedingungen bei der Discountkette erhält Ver.di aufrecht: „Mittlerweile wird zwar die Arbeitszeit korrekt erfasst, dafür müssen Kassiererinnen nun 40 anstelle von 50 Scan-Vorgängen pro Minute schaffen“, sagt Ver.di-Einzelhandelsexperte Rainer Kau. Das passe nicht zum „fairen Handel“.

„Faktum ist: Ein Großteil der Deutschen kauft im Discounter ein. Warum sollen die Kunden und Kundinnen also dort nicht auch fair gehandelte Produkte bekommen können?“, meint Dieter Overath, Geschäftsführer der Organisation Transfair, die das Siegel für fair gehandelte Produkte vergibt. Transfair ist es auch, das den Kontakt zwischen Händlern wie Lidl und Produzenten in Asien, Afrika und Lateinamerika vermittelt.

Auch die Gepa-Waren tragen das Transfair-Label. Damit sind sie auch in Supermärkten von konventioneller Ware unterscheidbar. Die „Weltläden“ sind zwar nach wie vor das wichtigste Standbein der Gepa, der Umsatz sank dort allerdings um knapp 4 Prozent auf 21,5 Millionen Euro. Das müsse nicht unbedingt an den Supermärkten und Biosupermärkten liegen, in denen der Gepa-Umsatz um 30 Prozent auf 18 Millionen Euro zugelegt hat, sagt Schimmelpfennig. Sie führt den Umsatzrückgang in den Weltläden auch auf die Konkurrenz von anderen alternativen Importeuren zurück. „Die Weltläden sind auch deshalb für uns wichtig, weil sie entwicklungspolitische Themen vermitteln.“

Informationspolitik ist allerdings keine Voraussetzung, um Transfair-Partner zu werden. Overath: „Man kann ja nicht erwarten, dass die Kassiererin bei Lidl noch einen Kurzvortrag zum fair gehandelten Kaffee hält.“CHRISTINE ZEINER