Agrodiesel stößt Argentiniern übel auf

Soja-Bauern erwarten erneut eine Rekordernte und freuen sich über den Boom der Energiepflanzen. Doch Umweltschützer sehen durch zunehmende Exporte nach Deutschland die letzten Regenwälder in Gefahr

BUENOS AIRES taz ■ Zwei als Räumfahrzeuge verkleidete Autos deutscher Hersteller standen an diesem Wochenende vor dem argentinischen Landwirtschaftsministerium in der Hauptstadt Buenos Aires. Geschmückt waren die „Bulldozer“ mit kleinen Deutschlandfähnchen wie bei einem Staatsbesuch, rundherum standen jedoch abgesägte Baumstümpfe. Greenpeace Argentina protestierte so gegen den Export von Biodiesel nach Deutschland.

Mit der Aktion machte Greenpeace auf den Zusammenhang zwischen der Abholzung der Urwälder und der Ausdehnung der Anbaufläche für Sojabohnen aufmerksam. „Die Situation der Wälder in Argentinien ist alarmierend“, so Greenpeace-Koordinator Hernán Giardini. Argentinien hat in den vergangenen 70 Jahren bereits 70 Prozent des Waldbestands eingebüßt.

In den letzten neun Jahren wurden mehr als 2 Millionen Hektar Wald abgeholzt und in landwirtschaftliche Nutzfläche verwandelt. Die Anbaufläche für Soja war zu Beginn des Jahres auf die neue Rekordmarke von 16,9 Millionen Hektar gestiegen. Damit stieg der Anteil der Sojafelder auf knapp über 50 Prozent der gesamten landwirtschaftlichen Nutzfläche des südamerikanischen Landes. Die Produzenten erwarten erneut eine Rekordernte von rund 47 Millionen Tonnen Sojabohnen.

„Mais und Soja für die Herstellung von Biodiesel stehen in direktem Wettbewerb mit den Nahrungsmitteln und tragen mit zu den steigenden Preisen bei“, so Greenpeace-Aktivistin María Eugenia Testa. Um die avisierte Beimischungsmenge von 17 Prozent Biodiesel 2020 zu erreichen, müsste Deutschland 4.900 Millionen Liter Biodiesel aus Sojabohnen einführen.

Derzeit produzieren zwei Fabriken mit einer Kapazität von zusammen 400.000 Tonnen Biodiesel in der Provinz Santa Fe. Acht weitere Anlagen sollen im Lauf des Jahres 2008 die Produktion aufnehmen. Verschiedene Unternehmen haben den Bau von insgesamt 24 Anlagen zum Jahr 2010 angekündigt, die knapp über 4 Millionen Tonnen Biosprit aus Sojabohnen herstellen sollen.

Nach Angaben von Greenpeace muss dafür Soja auf 9,6 Millionen Hektar Ackerfläche angebaut werden. Lag der Export von argentinischem Biodiesel 2006 noch knapp unter 5.000 Tonnen, so umfasste er im Jahr 2007 nach Angaben von Greenpeace bereits ein Volumen von 300.000 Tonnen. 25 Prozent davon gingen in die Europäische Gemeinschaft und hier vor allem nach Deutschland. Für 2008 erwartet Greenpeace eine Vervierfachung der Exportmenge.

Auch das FoodFirst Informations- und Aktions-Netzwerk FIAN warnte am Wochenende erneut vor einer Verschärfung der weltweiten Hungerprobleme und forderte einen sofortigen Förderstopp für den Import von Lebensmittelrohstoffen zur Energieproduktion in die EU. JÜRGEN VOGT