Soldaten sind ...

■ Nie wieder Krieg mit Gerhard Schröder und Joschka Fischer

„Wir führen keinen Krieg“, sagt Gerhard Schröder. Klar: Wenn der Führer sagt, es ist kein Krieg, dann ist auch keiner. Wenn man vor einem Jahr erklärte: „Wer Schröder wählt, wählt Krieg“, galt man als Alarmist oder direkt als Verrückter. Dabei gehörte nicht viel Prophezeiungskunst dazu; man mußte nur das Plakat mit dem Gesicht von Gerhard Schröder ansehen und die Augen darin suchen – eine vergebliche Arbeit. Man sieht unendliche Leere, Nichts, Vakuum, Unterdruck im Hirn, gekoppelt an ein explodierendes Ego, das nur ein Credo kennt: Ich heiße Gerhard Schröder, und das ist wichtig, das sollen die Menschen wissen, und um das zu erreichen, bin ich zu allem bereit. “

„I found Schröder such a nightmare when I met him“, berichtet Jane Kramer, die famose Reporterin des New Yorker. „This man has no culture at all. Absolutely none.“ Schröder, erzählt sie, habe den New Yorker für ein Frauenmagazin gehalten und sie in einem aufgedonnerten Spesenritterlokal mit Bonvivant-Gehabe zu beeindrukken und von seinem savoir vivre zu überzeugen versucht. Auf jede ihrer Fragen habe er nur mit „Eat! Eat!“ geantwortet. Man kann es sich lebhaft vorstellen; wenn man sieht, wie sich Schröder eine Havanna in den Hals steckt, dann trauert man über diese Verschwendung von soviel gutem Tabak an sowenig Mensch, an einen aggressiven Parvenü, der mit Statussymbolen jeglicher Art das Loch zwischen seinen Ohren zu kaschieren sucht. Gegen Schröder, das kann man ohne Übertreibung sagen, war Helmut Kohl in all seiner Grauenhaftigkeit ein Restsozialdemokrat und Sozialpolitiker.

Es ist kein Zufall, daß Gerhard Schröder mit Klaus Meine befreundet ist, dem Sänger der Leopardenunterhosenband Scorpions – das ist sein geistiger Zuschnitt, und die ästhetische Liga, in der Schröder spielt, heißt Dieter Bohlen – zwei Gewinnervisagen von ununterbietbarer Banalität.

Zur Seite steht Schröder ein Außenminister, der vom selben Schlag ist wie er: Einer, der sich aus dem Kleinbürgermief hochgebrüllt und -geprügelt hat und der, nachdem er die Seiten gewechselt hat, den feinen Mann markiert. Und der, um in dieser Position zu bleiben oder sie auszubauen, im Wortsinn alles tut – auch Leute über die Klinge springen lassen, im Koso- oder sonstvo.

Es ist aber eher zwecklos, das an dieser Stelle zu schreiben. Denn erstens haben Sie, die Sie das lesen, diese Männer gewählt (jedenfalls die meisten von Ihnen) und möchten sie schon allein deshalb auch weiterhin zumindest halbwegs dufte finden, und zweitens sind Sie gar nicht bei diesem Text oder bei sich, jedenfalls nicht mit dem Herzen. Denn „mit den Herzen“, das mußte man in den letzten Tagen vieldutzendfach hören und lesen, sind die Deutschen in diesen schweren Zeiten ausschließlich „bei unseren Soldaten und ihren Familien“.

Ich bin da nicht. Kein bißchen. Und ich kenne auch niemanden, der das wäre. Aber trotzdem erzählen die Figuren in den Zeitungen, im Radio und im Fernsehen das alle: Deutsches Volk – Herzen – Soldaten – Familien. Pressefreiheit ist erst richtig schön, wenn alle dasselbe stammeln.

Leute, die von „Angriffswelle“, von „Phase eins“ und „Phase zwei“, von „Nadelstichen“ etcetera schwärmen, wenn andere Leute umgebracht werden, hat es immer gegeben – es sind die Protagonisten der seriös sich schminkenden Blutrünstigkeit und Kriegsgeilheit, die mit den Folgen ihrer Propaganda dann allerdings nichts zu schaffen haben wollen.

Und so ist es vergleichsweise hochhuman, sich zu wünschen, daß sehr sehr schnell ein paar Blechkisten – und zwar gefüllte – nach Deutschland zurückgeschickt werden, damit vielleicht ein paar Leute kapieren, daß es sich um einen Krieg handelt und nicht um ein Computerspiel, bei dem man nur zuschauen muß und trotzdem sicher auf der Siegerseite sein kann.

Mein Mitleid mit deutschen Soldaten, die, wenn schon nicht im Leben, so doch wenigstens als Leiche zu etwas nütze sein können, hält sich stark in Grenzen: Sie haben sich freiwillig gemeldet – weil sie scharf darauf sind, ihr trainiertes Totmacherwissen im Ernstfall auszuprobieren. Und weil sie den dreifachen Sold bekommen. Da weiß man wieder, woher das Wort Soldat stammt. Man kann auch Söldner sagen. Es ist dasselbe: Es sind Leute, die gegen Geld andere umbringen.

Weil sich das, spätestens seit dem Golfkrieg, besser macht, geschieht das Umbringen im Namen der Humanität – und ist ihre Liquidierung. Wenn es nicht zum Speien wäre, es wäre ein gigantischer Witz.

Deshalb wäre es im Sinne einer vielleicht noch zu reanimierenden Restvernunft hilfreich, wenn man sagen müßte: Soldaten sind nicht nur Deutschländer-Würstchen, sondern eben auch: Zinksargfüllmasse.

Wiglaf Droste