Werben um High-Tech-Firmen

Die Wirtschaftsförderung Berlin konzentriert sich auf die New Economy und zieht eine positive Halbjahresbilanz

„Berlin darf den Boom bei den neuen Technologien nicht verschlafen.“ Das sagte Wirtschaftssenator Wolfgang Branoner (CDU) gestern bei der Vorstellung der Halbjahresbilanz der Wirtschaftsförderung Berlin (WFB). Die Gesellschaft, die zu großen Teilen der Industrie-und Handelskammer gehört, erhält unter anderem Zuschüsse vom Land. Die WFB kümmert sich derzeit verstärkt um die Ansiedlung von Unternehmen des Kommunikations- und Dienstleistungssektors.

Und das mit gutem Erfolg, sagt Geschäftsführer Hans Estermann. Etwa 3.500 Arbeitsplätze habe die WFB im ersten Halbjahr 2000 nach Berlin geholt, die Mehrzahl bei Informationstechnologien sowie Call-Centern und anderen Dienstleistungen. Estermann ist zuversichtlich, dass seine Gesellschaft in diesem Jahr die Gesamtjahresbilanz 1999 von 4.450 Arbeitsplätzen deutlich übertreffen werde.

Als Beispiel für die rasanten Entwicklungen in der Informationstechnologienannte Estermann die so genannten Data Centers, die großen Firmen Speicherplatz zur Auslagerung ihrer überbordenden Datenmengen anbieten und derzeit wie Pilze aus dem Boden schießen. So ein Boom dauere ein halbes Jahr.„Wenn man das verschläft, gehen die alle nach Paris oder London“, ist seine Prognose. Und Senator Branoner bewies, dass er zumindest das Vokabular der Branche schon perfekt beherrscht: „Diese Leute kommen nicht wegen incentives, sondern wegen talents.“ Auf Deutsch: Die jungen Unternehmen lockt man nicht mit dicken Investitionszuschüssen, sondern mit hoch qualifizierten Arbeitskräften. Und die gebe es zur Genüge in der Hauptstadt.

Bei der PDS betrachtet man die Arbeit der WFB mit großer Skepsis. Ihr wirtschaftspolitischer Sprecher Stefan Liebich hält die Gesellschaft für „einen einzigen Etikettenschwindel“. Eigentlich werde Wirtschaftsförderung in erster Linie vom Senat und der Investitionsbank betrieben und nur in geringen Teil von der WFB. Die PDS setzt sich daher für die Kürzung der Mittel ein, die die Gesellschaft vom Land Berlin erhält, dieses Jahr immerhin über 7 Millionen Mark.

Ganz so weit will Lisa Paus von den Grünen nicht gehen. Von „Schwarzweißmalerei“ hält sie nichts. Besorgt ist sie allerdings angesichts der Privatisierung der WFB im vergangenen Jahr. Paus befürchtet, dass die Interessen einzelner Unternehmen in die Wirtschaftsförderung einfließen könnten.

FELIX
WUERTENBERGER