Canossa liegt jetzt in Köln

Die Kölner Rede: Christoph Daum, ehemaliger Fast-Bundestrainer und gefallener Rauschgiftengel, räumt Kokainkonsum ein und kleidet sich verbal in Sack und Asche. Eine Dokumentation

Zum Anfang das Wichtigste: Ich gebe hier klar und offen zu, dass ich mit Drogen in Kontakt gekommen bin: Ich habe Kokain zu mir genommen. Hier handelt es sich um gelegentliche Einnahmen im privaten Bereich, von Sucht oder Krankheit, was alles da spekuliert worden ist, kann überhaupt keine Rede sein. Und da diese Sache auch schon eine gewisse Zeit hinter mir liegt und ich keinen Kontakt mehr mit diesen Dingen habe, will ich jetzt nicht den Anschein erwecken, dass es sich um ein Kavaliersdelikt handelt. Ich bin mir schon über die Tragweite dieses Fehlers bewusst und ich bin bereit, dafür die entsprechende Verantwortung zu übernehmen, denn das, was ich getan habe, war nicht richtig.

Die Haaranalyse, die ich hab machen lassen, das muss man im Nachhinein sagen, dat war’n Fehler. Ich habe keine Voruntersuchungen machen lassen, aber ich habe mich in gewisser Weise beraten lassen. Da habe ich natürlich mit Zitronen gehandelt. Die Erklärungen, die sich dann daraus ergeben haben, waren genauso ein Mist. Es sind ja sehr viele Dinge in meiner Abwesenheit explosionsartig entstanden. Die Informationen hinsichtlich des Wertes, den man bei mir erzielt hat, konnten nicht zutreffen. Wir sind alle von diesem Wert überrollt worden. Wir sind in einem Land, das sehr institutionsgläubig ist. Es hat sich auf einmal eine Hysterie ergeben Dieser Wert stand im Raum, dann kam jeden Tag noch ein Stückchen drauf. In diesem Sinne habe ich die Aussagen danach relativiert: Sie wussten ja nicht, was sie sagen.

Jeder, der mich kennt, weiß, dass meine Leidenschaft und Begeisterung ohne irgendwelche Zusatzmittel groß genug sind, die sind eigentlich gar nicht mehr zu steigern. Mein Augenflackern werde ich jedenfalls auch in Zukunft nicht ändern, ich habe eben nun mal eine gewisse Körpersprache, die werde ich auch beibehalten.

Den Aufenthalt in den USA haben einige als Flucht dargestellt. Ich sehe es etwas anders. Ich war ziemlich in Mitleidenschaft gezogen und hatte nicht mehr die Kraft, die Sache hier in Deutschland durchzustehen. Es war ein bisschen Abstand nötig, um mit sich selbst ins Reine zu kommen. Ich musste auch mit meiner Familie, mit meinen Kindern darüber sprechen, das waren noch schwierigere Gespräche als das heute. Nachdem ich das abgeschlossen hatte, etwas für meine Fitness tun, meine Lebenseinstellung überprüfen konnte, war ich dann auch bereit, jetzt hier zur Verfügung zu stehen.

Es tut mir zutiefst leid für Uli Hoeneß und seine Familie, und dafür will ich mich auch in aller Form entschuldigen. Ich möchte mich auch in aller Form bei Mayer-Vorfelder entschuldigen. Er stand immer hinter mir, wollte immer helfen. Und ich habe ihn im Regen stehen lassen. Ich hätte an den DFB nie eine Forderung gestellt und werde es auch nicht tun. Danke an Reiner Calmund, wie er sich für mich eingesetzt hat. Er wusste von nichts. Hoffentlich können wir bald wieder Freunde sein.

Wenn ich jetzt sage, dass die Sache für mich abgeschlossen ist, weiß ich auch, dass das noch nicht restlos der Fall ist. Ich habe sicherlich Fehlentscheidungen getroffen. Sich einen Fehler einzugestehen, ist nicht so einfach. Aber ich habe für mich einen Schlussstrich ziehen können und ich habe während der Affäre meine wahren Freunde kennen gelernt. Auf die unmittelbare Zukunft bezogen würde ich eine Arbeit in Deutschland eher negativ bescheinigen. In Zukunft würde ich es auf jeden Fall nicht ausschließen. Das Ansehen hole ich heute wieder zurück, Geld hole ich übermorgen wieder zurück.

Ich hatte einen Riesentraum, das war der Bundestrainerjob, und dafür war ich bereit, einiges zu riskieren. Hätte ich auf die Frage, haben sie Drogen genommen, gesagt, ab und zu, hätte ich den Job auch nicht bekommen. Der Traum ist nicht in Erfüllung gegangen. Aber Bundestrainer bleibt mein Lebenstraum. Ich schließe nicht aus, in Zukunft das Amt zu übernehmen.

(Aufzeichnung/Montage: taz)