Hinrichtungen in Palästina

Menschenrechtsgruppen verurteilen die öffentliche Exekution zweier Kollaborateure mit Israel. Doch Justizminister Abu-Medein will hart bleiben: weitere Todeskandidaten

JERUSALEM taz ■ Palästinensische Menschenrechtsorganisationen haben zwei Hinrichtungen in Nablus und Gaza am Wochenende scharf verurteilt. „Volksverräter müssen bestraft werden“, räumte der Anwalt Raji Sourani aus Gaza ein, „aber nicht auf diese Art.“ Die beiden Männer waren unter der Anklage der Kollaboration mit Israel am Vortag in Blitzprozessen zu Tode verurteilt worden. Der Erschießung in Nablus wohnten hunderte Schaulustige bei.

Berichten zufolge verhängten die so genannten Staatlichen Sicherheitsgerichte zwei weitere Todesurteile. „Niemand, der in unsere Hände fällt, wird Gnade vor dem palästinensischen Volk oder vor dem palästinensischen Recht erfahren“, erklärte Justizminister Freih Abu-Medein. Obschon „wir nicht gern die Todesstrafe verhängen“, stünden noch 10 bis 15 weitere Männer auf der Liste der Todeskandidaten. Die beiden Hingerichteten waren überführt worden, dem israelischen Mossad bei der Exekution zweier führenden Tansim-Aktivisten geholfen zu haben. In den vergangenen Wochen hatten israelische Sondereinheiten zahlreiche Rädelsführer der Al-Aksa-Intifada exekutiert. Ohne die Mithilfe palästinensischer Kollaborateure wäre das kaum möglich gewesen.

Der palästinensische Menschenrechtsaktivist Raji Sourani vermutet, dass die Todesurteile auch dazu galten, den Zorn über die israelischen Exekutionen zu besänftigen. „Das politische Umfeld hat den Weg dafür geebnet“, meinte Sourani auf telefonische Anfrage. Seit mehreren Jahren agiert das „Zentrum für Menschenrechte“, dem Sourani vorsteht, gegen die Verhängung von Todesstrafen. In der Regel werden die Urteile in lebenslange Haftstrafen abgemildert.

Der palästinensische Menschenrechtsaktivist Bassem Eid von der „Palestinian Rights Monitaring Group“ im Westjordanland macht die Israelis, die die Verurteilten zur Kooperation veranlassten, mit für ihren Tod verantwortlich. Dennoch trete seine Organisation strikt gegen die Verhängung von Todesurteilen und die „gerichtlichen Schnellverfahren, die gegen jeden internationalen Standard von fairem Prozess verstoßen“ ein. Die Sicherheitsgerichte lassen weder eine Verteidigung zu noch einen gerichtlichen Einspruch gegen das Urteil.

Problematisch sei, so Bassem Eid, dass die Todesstrafen von der breiten Öffentlichkeit getragen werden. „Wir haben einen langen Weg vor uns, um das Bewusstsein der Leute für Demokratie und Menschenrechte wachzurütteln.“ SUSANNE KNAUL